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Adaptive Umbauten an Vereinsbooten

© Sven Jürgensen

Sie möchten in Ihrem Verein inklusives Segeln anbieten? Dafür müssen Sie nicht gleich im ersten Schritt spezielle Boote kaufen. Sie können auch vereinseigene Trainingsboote relativ kostengünstig und einfach umbauen beziehungsweise anpassen. Viele Adaptionen sind vorübergehend, sie können also auch zurück gebaut werden.

Für adaptive Umbauten eignen sich besonders gut offene Kielboote, Kieljollen sowie stabile Katamarane oder Trimarane (z. B. Weta). Häufig erfordern die Bedürfnisse der Segelnden ein kentersicheres Boot. Es kann aber in Abhängigkeit von den Fähigkeiten der Sportlerinnen und Sportler durchaus Ausnahmen geben.

Adaptionen können Einschränkungen von Menschen in den Funktionsbereichen Mobilität, Stabilität, Handfunktion, Sehfähigkeit ausgleichen. Wir geben Ihnen hier einen ersten Überblick über eher unkomplizierte Anpassungsmöglichkeiten und orientieren uns dabei an Beispielen von Behinderungen – ohne, dass wir hier alle Einschränkungen erwähnen können.

Umbaumaßnahmen

Es müssen nicht alle möglichen Adaptionen vorhanden sein. Schauen Sie welche Sportlerinnen und Sportler mit Behinderungen bei Ihnen segeln möchten. Besprechen Sie gemeinsam, welche Umbauten und Anpassungen Sie im individuellen Fall unterstützen können. Was wird konkret benötigt? Beinahe alles ist möglich.

Einschränkungen in der Mobilität

Grundsätzlich benötigen Seglerinnen und Segler mit Einschränkung der Mobilität, Adaptionen, die ihnen helfen, bei Manövern oder für das Trimmen die Sitzposition zu wechseln.

Umbautipp 1 – Metallbügel

Ein Metallbügel, der die Cockpitbreite überspannt, hilft, die Position zu wechseln.
Hilfreich zum Beispiel für Segelnde, die eine Einzelbeinamputation (mit oder ohne Prothese), Doppelbeinamputation (ohne Prothesen) oder Probleme mit der Balance beim Stehen haben.

Umbautipp 2 – Transferbank

Eine Transferbank, die beide Cockpitseiten verbindet – oft in Kombination mit Haltegriffen z. B. auf dem Kajütaufbau zur größeren Sicherheit. Soll die Bank nur temporär eingebaut sein, können Klettband und Gurte zur Fixierung genutzt werden.

Hilfreich für querschnittsgelähmte Segelnde mit Kraft im Oberkörper oder doppelbeinamputierte Seglerinnen und Segler ohne Prothese.

Umbautipp 3 – Einbau von Sitzen

Der Einbau von Sitzen bietet eine weitere Möglichkeit das Boot für mobilitätseingeschränkte Segelnde anzupassen. Für offene Kielboote sind eher feste Sitzschalen geeignet. Es bieten sich Sitze aus dem Kart-Sport an – sie sind aus leichtem festem Material und in vielen Ausführungen und Größen erhältlich.

Hilfreich für alle Seglerinnen und Segler, bei denen neben der Mobilität auch die Stabilität beeinträchtigt ist und aufrechtes Sitzen schwerfällt. Das betrifft Segelnde mit einer höheren Querschnittslähmung (Tetraplegie), mit neurologischen Erkrankungen oder Beeinträchtigungen des Bewegungsapparates, die sowohl stark die Mobilität als auch Stabilität einschränken oder auch mit Doppelbeinamputationen ohne Prothesen mit sehr kurzen/nicht vorhandenen Stümpfen.

Grundsätzlich sind drei Sitzkonstruktionen möglich: mittschiffs in Fahrtrichtung, Sitz auf Schienen, Schwenksitz.

Einschränkungen in der Stabilität

Ein Stabilitätsverlust tritt auf bei nicht voll funktionsfähiger Rumpf- und Hüftmuskulatur und/oder, wenn die Beine nicht zum Abstützen und Halten eingesetzt werden können.

Umbautipp 4 – Handgriffe, Relings und Bügel

Handgriffe, Relings und Bügel zum Festhalten und eventuell zusätzlich eingebaute Sitze (siehe oben), bei starker Einschränkung der Stabilität, erleichtern das Festhalten und geben Stabilität in vielen Situationen.

Hilfreich für Segelnde mit leichter und starker Einschränkung der Stabilität.

Einschränkungen der Handfunktion

Segelnde mit Einschränkungen in diesem Bereich benötigen Adaptionen, die die Bedienung des laufenden Gutes und die Steuerung unterstützen.

Die Umbautipps 5 und 6 sind hilfreich für Segelnde mit leichter Einschränkung der Handfunktion.

Umbautipp 5 – Laufendes Gut und Steuerung

Die Bedienung des laufenden Guts wird vereinfacht durch Kugeln, dicke Knoten oder Schlaufen an den Enden von Streckern – sie erleichtern das Ziehen. Zudem sollten soweit möglich Übersetzungen von Taljen den Einschränkungen der Segelnden in der Hand- und/oder Armfunktion angepasst werden.

Adaptionen bei der Steuerung richten sich nach der Einschränkung und/oder nach einem eingebauten Sitz.

Umbautipp 6 – Anpassung Pinne und Pinnen-Ausleger

Eine Anpassung der Form und Oberflächenbeschaffenheit von Pinne oder Pinnen-Ausleger erleichtert das Greifen. Oft reicht es, an Pinne oder Ausleger einen Bügel oder Ring zu montieren. Reicht diese Anpassung nicht aus, kann eine alternative Steuerung wie eine Rad- oder Hebelsteuerung helfen. Eine Radsteuerung kann bei einem Sitz am Schwenkarm integriert werden. Über Steuerseile steuern die Segelnden den Ruderquadranten an. Eine Hebelsteuerung eignet sich bei Sitzen, die mittschiffs montiert sind. Über Schubstangen, Bowdenzüge oder Steuerseile können Hebel mit der Ruderanlage verbunden werden.

Umbautipp 7 – Fußpedalsteuerung

Eine Fußpedalsteuerung eignet sich bei Booten mit fester Sitzposition. Die Pedale sind über Steuerseile mit einem Ruderquadranten verbunden.

Hilfreich für Segelnde mit starker Einschränkung der Hand- und/oder Armfunktion bzw. fehlender Funktionsfähigkeit.

Eine Vielzahl elektronischer Systeme, die z. B. in der Steuerung von Kraftfahrtzeugen, Rollstühlen oder Haushaltsgeräten genutzt werden, sind im Fachhandel erhältlich. Die einfachste und zuverlässigste elektronische Steuerung ist ein 4-Wege-Joystick – Bedienung über Hand, Fuß oder Mund. Zudem gibt es Luft- und/oder Beißsteuerungssysteme. Durch Saugen/Blasen an einem Schlauch und Beißen in ein Pad werden Ruderanlage oder Winschen angesteuert.

Einschränkungen der Sehfähigkeit

Sehbehinderte Seglerinnen und Segler ertasten das Deck, die Beschläge, Strecker und Schoten – so machen sie sich ein virtuelles Bild und können sich sicher an Bord bewegen. Um die Orientierung zu unterstützen, sind einige Anpassungen sinnvoll.

Umbautipp 8 – Tauwerk, Klemmen, Audiokompass

Tauwerke wie Schoten und Strecker können auseinandergehalten werden durch unterschiedlich gewählte Ummantelungen oder eine unterschiedliche Anzahl von Knoten oder Ummantelungen aus Tape-Streifen am Ende.

Klemmen unterscheiden durch Tapestreifen mit unterschiedlicher Oberfläche oder Aufkleber mit Blindenschrift. Diese können Sie mit Hilfe von Braille-Label-Druckern drucken oder im Internet bestellen.

Auch ein Audiokompass kann sinnvoll sein.

Danksagung

Wir danken der Aktion Mensch für die Förderung der Maßnahmen im Bereich des inklusiven Segelns.