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Segler-Verein Wakenitz: „Unser Fokus liegt auf dem gemeinsamen Sport und nicht auf dem Handicap“

Der Lübecker Verein mit dem Motto „Segeln und mehr“ existiert seit 1930, vom Vereinsgelände an der Wakenitz mit Clubhaus, Messe und Bootshaus bietet sich ein schöner Blick direkt auf den Lübecker Dom. Der Sommer-Segelstützpunkt des SVW  liegt am Nordende des Ratzeburger Sees in einer geschützten Bucht mit einer Wassertiefe von ca. 1,05 m und verfügt über 50 Wasserliegeplätze. Dort wird seit acht Jahren auch inklusives Segeln angeboten.

Auch die Hansestadt Lübeck braucht ein inklusives Segel-Angebot – wie beim Segler-Verein Wakenitz alles begann

Dorothee Nuthmann ist nicht nur selbst begeisterte Seglerin im SVW, sondern auch engagierte Physiotherapeutin und Osteopathin. 2014 besuchte sie ein Symposium zum Thema „therapeutisches Segeln“. Danach fuhr sie mit einem ihrer Patienten zum Inklusions-Schnuppersegeln nach Plau am See. „Mein Patient war stark eingeschränkt durch seine Parkinson-Erkrankung“, sagt Dorothee Nuthmann, „doch als er vom Wasser kam, zeigte er sich deutlich vitaler – sowohl motorisch als auch sprachlich.“ Die Physiotherapeutin fühlte sich bestätigt und fasste einen Plan: „Sport kann so viel Gutes bewirken und solch ein Segelangebot für gehandicapte Menschen gibt es bisher in der Wasserstadt Lübeck nicht! Warum dann nicht ab jetzt beim Segler-Verein Wakenitz?“ Dorothee Nuthmann stieß im Verein auf offene Ohren und gemeinsam legte man los.

Die Herausforderungen: Unterstützung suchen…

Projektbeschreibungen formulieren, Anträge schreiben, alle Kontakte und Netzwerke nutzen – gerade am Anfang hieß es: Unterstützung und Förderung suchen. Die Lübecker Stiftungen und Initiativen sind traditionell bekannt für ihr Mäzenatentum, und so konnten unter anderem die Possehl-Stiftung, die gemeinnützige Sparkassenstiftung, der Rotary Club Lübeck-Holstentor und eine onkologische Rehaklinik in Ratzeburg als Sponsoren gewonnen werden. Diese Unterstützung gepaart mit handwerklich begabten und kreativen Frauen und Männern im Verein führte dazu, „dass wir schnell erste Boote erwerben, die Infrastruktur des Vereinsgeländes anpassen und interessierten Menschen mit Handicap Segelerfahrung bieten konnten“.

…und Skepsis ernst nehmen

Immer wieder, auch heute noch, gibt es Vorbehalte von Vereinsmitgliedern, insbesondere, wenn es um finanzielle Fragen geht. „Die nehmen wir ernst und gehen sorgsam damit um“, sagt Dorothee Nuthmann. Dann seien neben Überzeugungsarbeit und schrittweisem Vorgehen eben auch viel Behutsamkeit gefordert. 2019 zeichnete das Land Schleswig-Holstein das SVW-Inklusionsprojekt mit dem Bürgerpreis in der Kategorie „Alltagshelden“ aus und gab damit der Akzeptanz im Verein insgesamt einen enormen Schub.

Die Situation am Schanzenberg heute

Lagebesprechung vor dem Segeln. © Privat

Inzwischen ist das Gelände am Ratzeburger See weitgehend barrierefrei gestaltet, so dass neben u.a. neurologisch oder orthopädisch eingeschränkten Seglerinnen und Seglern auch Rollstuhlfahrerinnen und -fahrer aufs Wasser können. Zwei 2.4mR und eine RS Venture Connect liegen an den Stegen bereit. Und wer genau segelt am Schanzenberg inklusiv? Patientinnen und Patienten einer Ratzeburger Rehaklinik, Kinder und Jugendliche einer Schul-AG sowie Vereinsmitglieder mit und ohne Handicap. Sie lernen und trainieren regelmäßig mit einem vom Land Schleswig-Holstein finanzierten Inklusionssegellehrer und ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern aus dem Verein.

Im September 2022 lud der SVW zum 1. Norddeutschen (vereinsübergreifenden), viertägigen Inklusionssegeln-Trainingscamp mit Theorie- und Praxiseinheiten sowie einer Regatta am dritten Tag.

Gemeinsames Vereinsleben – darauf ist man stolz beim Segler-Verein Wakenitz

Theorieeinheit am Takelplatz des SV Wakenitz.

Dorothee Nuthmann formuliert stellvertretend für die Vereinsmitglieder: „Alle Seglerinnen und Segler mit und ohne Behinderung nehmen gleichberechtigt am Vereinsleben teil: Trainings, Regatten, Grillfeste und Klönschnack am Bierwagen – Inklusion ist bei uns keine Ghetto-Veranstaltung, es gibt keinen Verein im Verein!“

Ein Tipp für andere Vereine: Ruhe bewahren, alles wird sich finden

Einfach loslegen und darauf vertrauen, dass sich alles findet. Denn jeder kennt irgendjemanden, der wiederum irgendeinen kennt – beharrlich alle Kontakte zu nutzen, das führt am Ende zum Erfolg. Und: „Es muss ja nicht gleich alles perfekt sein“, sagt Dorothe Nuthmann, „die Infrastruktur wächst Schritt für Schritt, so wie es für den jeweiligen Verein und seine Mitglieder passt.“

Hier finden Sie noch einen schönen Bericht über zwei Schnuppersegel-Veranstaltungen des Segler-Vereins Wakenitz im Rahmen des inklusiven Segelns.

Ansprechpersonen Inklusion

Dorothee Nuthmann und Hans Nee
[email protected]
www.sv-wakenitz.de

Danksagung

Wir danken der Aktion Mensch für die Förderung der Maßnahmen im Bereich des inklusiven Segelns.