Schon vier Jahre nach ihrer ersten Auflage hat sich die Doublehanded-Challenge Baltic 500 zu einem festen Bestandteil des deutschen Offshore-Regattakalenders entwickelt. Die diesjährige Regatta brachte bei Böen über 30 Knoten Schiffe, Seglerinnen und Segler an ihre Grenzen. Weniger als ein Viertel der 45 gemeldeten Yachten kam durch, ein Teil pausierte regelkonform, bevor sie das Rennen wieder aufnahmen. Bewunderte Sieger nach ORC Club sind Jonas Hallberg und Till Barth, die mit der JPK 10.30 „Hinden“ ein weiteres Mal erfolgreich waren, und Tim Behrendt und Andreas Buchheim , die mit der JPK 11.80 „Frida“ einen neuen Streckenrekord aufstellten.
Die nüchternen Resultate der diesjährigen Baltic 500 Regatta, einer Regatta für Doublehanded-Crews mit Start vor Strande, die um die dänische Insel Læsø und dann zurück in die Kieler Förde führt, zeigen, was auf der Ostsee los war. In der Wertungsgruppe ORC Club gingen nur acht von ursprünglich 34 gemeldeten Yachten über die Ziellinie, bei den Dehler 30 od kamen zwei von sieben gemeldeten Startern über den Parcours, in der Yardstickwertung gingen lediglich zwei der gemeldeten vier Teilnehmer an den Start. Alle übrigen: DNC bzw. DNF. Die Bedingungen auf der von Sturmböen bis 30 Knoten durchgepeitschten Ostsee waren für viele Crews einfach zu heftig, nur 26 Yachten gingen überhaupt an den Start, im Verlauf des Rennens gaben viele auf oder unterbrachen es stundenweise, um Crew und Material zu schonen.
Neuer Streckenrekord für JPK 11.80 „Frida“
Anders Tim Behrendt und sein langjähriger Segelpartner Andreas Buchheim, die mit der JPK 11.80 „Frida“ an den Start gingen und für die Strecke 2 Tagen, 7 Stunden, 54 Minuten und 23 Sekunden brauchten. Rund zwei Stunden nach ihnen ging Sieger Jonas Hallberg (KYC) mit seiner JPK 10.30 „Hinden“ über die Ziellinie vor Strande, drittes Schiff im Ziel war die Dehler 30 od mit Skipper Oliver Schmidt-Rybandt und Niclas Aretz, beide vom Regatta-Verein Greifswald e.V.
„Es war unsere erste Regatta mit dem Schiff, zuvor sind wir viele Jahre auf der kleineren, nur 10,80 Meter langen ‚Frida‘ gesegelt“, sagt Tim Behrendt vom Kieler Yacht-Club (KYC). „Dass wir als erste über die Linie gegangen sind, freut uns natürlich sehr, aber dass wir nun einen neuen Streckenrekord aufgestellt haben, wurde mir erst später erklärt.“
Norddeutsch bescheiden wehrt er Gratulationen über den fabelhaften Ritt durch das stürmische Kattegat zurück und verweist darauf, dass Konkurrent und Sieger des Baltic 500 Jonas Hallberg auf der kleineren „Hinden“, einer JPK 10.30, das viel bessere Rennen gesegelt habe. „Es waren schon recht viele Wetteraktivitäten“, fasst er das Rennen, das am Himmelfahrtstag gestartet wurde, zusammen. „Bei durchschnittlich sechs Windstärken hatten wir ordentlich Druck, wir haben das Rennen ruhig angehen lassen und nach der Rundung von Læsø auch erstmal auf den Spinnaker verzichtet. Das wir als einzige dann auf dem Rückweg den Kurs unterhalb von Fehmarn eingeschlagen haben war taktisch sauber und hat uns im Feld vorne positioniert.“
Jonas Hallberg gewinnt mit der JPK 10.30 „Hinden“
Die letzte lange Kreuz von dänischen Gedser bis in die Strander Bucht ist für Jonas Hallberg, Sieger nach ORC, im Rückblick der besonders anstrengende Teil der diesjährigen Baltic 500 gewesen. „Wir waren komplett nass, es war kalt und wir hatten noch einen ganzen Tag auf See vor uns“, erzählt Jonas Hallberg. „Wir haben phasenweise vor lauter Wasser, das ins Cockpit schoss, die Instrumente nicht mehr gesehen und uns im Cockpit mit Lifebelts gesichert.“ Anders als auf der baugleichen JPK 10.30 „Lightworks“, gesegelt von Michael Höfgen und Max Gurgel, hatte er mit seinem Co-Skipper Till Barth deutlich weniger mit gerissenen Segeln zu kämpfen und konnte das Rennen sehr konzentriert durchsegeln. „Vor Læsø haben uns die beiden mitgeteilt, dass wir einen Frühstart hatten und dementsprechend eine Zeitstrafe von einer Stunde“, sagt Jonas Hallberg. „Danach haben wir alles gegeben und haben ohne Reff und mit Code 0 Gas gegeben.“ Viel Zeit, sich von den Strapazen des Rennens zu erholen, hat Jonas Hallberg nicht, nächste Woche wird er mit der „Hinden“ bei der Regatta Rund Skagen am Start sein – dann aber nicht zu zweit, sondern mit einer vierköpfigen Crew.
Topspeed von 19.5 Knoten für „Fliege 3“
Johannes Christophers, Leiter der Abteilung Technik und Seesegeln des DSV, nahm mit seiner Archambault 35 „Fliege 3“ an dem Rennen teil. Sein frisch akquirierter Co-Skipper Lasse Klein, ehemaliger Laser-Kadersegler aus Baden-Württemberg, bestand die extreme Offshore-Feuertaufe mit Bravour. „Alle Hochachtung vor den Crews, die durchgefahren sind und dieses Rennen in einem Stück abgeritten haben“, sagt Johannes Christophers. „Wir haben eine Nacht Pause einlegen müssen, nachdem wir nach dem langen Kurs von Kiel zur Insel Læsø eine Genickstarre hatten, weil wir über Stunden immer auf Steuerbordbug gesegelt sind und über die linke Schulter gucken mussten.“
Das Team ankerte im Öresund nahe der kleinen Insel Ven, als der Anker nicht hielt, verholten sich die Segler nachts um vier Uhr in den Hafen. „Während des Rennens haben wir vor allem die Sea Quest 36 „Si no fos“ immer wieder gesehen, die hervorragend von dem Mutter-Tochter-Duo Sonja und Hanne Jansch gesegelt wurde“, berichtet Johannes Christophers. „Es war ein absolut gigantisches Rennen, allein unser Ritt zurück nach Kiel durch das Kattegat war eine echte Sternstunde im Seglerleben. Wir sind mit einem Topspeed von 19,5 Knoten über das Wasser geflogen, es war gigantisch.“ Anders als viele andere Crews hatte er Glück, sein Schiff und vor allem die Segelgarderobe waren den harten Anforderungen gewachsen. Lediglich die Kaffeemaschine rutschte bei den ruppigen Bedingungen aus der Pantry, ansonsten blieb alles heil.
„Mein ganz großer Dank und Respekt gilt ausdrücklich der Wettfahrtleitung vom Yacht Club Strande“, sagt Johannes Christophers über das Rennen, das nach den Sicherheitsbestimmungen der Offshore Special Regulations Kategorie 3 durchgeführt wurde. „Wie auch in den Jahren zuvor haben die Organisatoren Cord Hall und Rasmus Töpsch vom Yacht Club Strande mit viel Verständnis und Know-how um die Bedürfnisse der Hochseesegler den richtigen Kurs gewählt, bei dem Læsø an der Steuerbordseite gerundet wird. Das war bei dieser Wettervorhersage die absolut richtige Wahl war und hat allen Teilnehmern einen heftigen, nahezu einmaligen Reachgang über 80 Seemeilen beschert.“
Cord Hall, Initiator und Organisator des Rennes, blickt zufrieden auf die vierte Auflage des Baltic 500 zurück. „Wir haben im Vorfeld überlegt, den Kurs zu verkürzen und die Teilnehmer rund Anholt oder Seeland zu schicken“, sagt er. „Doch auf dem Kurs wären die Bedingungen ungleich härter gewesen, die ganze Flotte wäre von den Ausläufern des Sturmtiefs voll erwischt worden. Insofern war ein kürzerer Kurs keine bessere Alternative und wir haben uns entschieden, das volle Programm über 500 Seemeilen zu fahren.“
Alle Ergebnisse der vierten Auflage des Baltic 500 gibt es hier.