Mit der Welt- und Europameisterschaft in Norwegen geht die Saison der Eisseglerinnen und Eissegler langsam zu Ende. Ein Rückblick auf Eis, Kälte, schnelle Rennen und viel Gemeinschaft.
Wie dick ist das Eis genau? Um diese Frage geht es bei den Eisseglerinnen und Eiseglern zunächst immer – egal, ob sie in Deutschland, Polen, Skandinavien oder Nordamerika unterwegs sind. Mehr als 15 Zentimeter Kern-Eis wären gut, am besten ohne Lufteinschlüsse, man nennt es auch Kerneis oder schwarzes Eis, sagt Bernd Zeiger, Landessekretär der Deutschen DN Eisflotte.
Doch der Klimawandel macht es der Gemeinschaft der Eissegelnden schwer. Auf deutschen Seen gibt es schon seit längerem kein tragfähiges Eis mehr. Viele Schlitten stehen seit mehr als zwei Jahren im Keller. Galten die Gewässer in den polnischen Masuren bislang noch als relativ eissicher, so mussten in dieser Saison sogar die abschließenden Läufe der Polnischen Meisterschaft kurzerhand Richtung Baltikum, nach Litauen, verlegt werden.
Ja, sagt Bernd Zeiger, „die Wetterbedingungen macht uns zusehends zu schaffen“. Dennoch seien die Regatten, wie zum Beispiel auch das Grand Masters in Schweden Anfang Februar gut besucht gewesen. „Die Eisseglerinnen und Eissegler nehmen die Strapazen und Reisekosten auf sich, um diesen rasanten und herausfordernden Sport leben zu können.“
Flexibilität – ein Muss beim Eissegeln
Reiselust war auch bei den Teilnehmenden der Welt- und Europameisterschaften Ende Februar gefordert. Die ersten Rennen der Titelkämpfe starteten noch in Schweden, am zweiten Tag aber machte eine dicke Schneeschicht den Hjälmaren-See für die schnellen DN-Schlitten unbefahrbar. Ice-Scouts sichteten bessere Bedingungen in Norwegen auf dem Storsjöen – also Umzug, 500 Kilometer Richtung Norden und weiter im Programm. Nach insgesamt fünf Läufen ging der Weltmeistertitel schließlich an Robert Graczyk aus Polen, bester Deutscher wurde der Münchner Thomas Huber als Elfter.
Für eine Überraschung sorgte ein deutscher Einsteiger auf dem DN-Schlitten: Andreas Lachenschmid vom Ammersee landete bei der WM in der B-Fleet auf Rang zwei – die Eissegler starten in zwei Gruppen: die ersten 50 der Weltrangliste (A-Fleet) und die zweiten 50. Die Europameisterschaft direkt im Anschluss an die WM beendete der 30-Jährige sogar als erfolgreichster Deutscher auf Platz acht – hier hatte er sich für die A-Fleet qualifiziert. Direkt dahinter folgte schon Holger Petzke aus Schwedeneck bei Kiel als Neunter, Thomas Huber wurde Fünfzehnter, Jost Kolb Achtzehnter. Anja Fiedler, ebenfalls aus Schwedeneck, beendete die Titelkämpfe in der Gesamtwertung aus Frauen und Männern als Sechzehnte und ist damit schnellste Frau in Europa.
Im Sommer H-Boot und Motte, im Winter DN-Schlitten
Rookie Andreas Lachenschmid sagt: „Mich fasziniert die Geschwindigkeit auf dem gefrorenen Wasser, wenn du mit knapp 100 Stundenkilometern übers spiegelglatte Eis saust, ich mag die technischen Herausforderungen und ganz einfach das Segeln bei klirrender Kälte“, so der gelernte Bootsbauer. „Und wer einmal den Zusammenhalt, das Miteinander und Füreinander in dieser Community kennengelernt hat, bleibt dabei.“ Im Dezember habe er zum Beispiel bei Mariestad trainiert und dort für eine Woche bei einem schwedischen Eissegler wohnen können – ganz unkompliziert und entspannt.
Für Andreas Lachenschmid ist der DN-Schlitten die perfekte Ergänzung in der Winterzeit. Vor sechs Jahren gewann er den Weltmeister-Titel im Musto-Skiff beim Wassersegeln. „Doch diese schnelle Klasse hat sich nicht richtig durchgesetzt in Deutschland“, blickt er zurück, „um gut trainieren und Regatten segeln zu können, hätte ich nach England umsiedeln müssen“. Gemeinsam mit Alexa Hausotter startete er eine Olympiakampagne im Nacra 17, fehlende finanzielle Mittel und eine Verletzung der Vorschoterin beendeten den Traum vom Start in Marseille 2024.
Inzwischen arbeitet Andreas Lachenschmid als festangestellter Trainer im Münchner Yachtclub, bildet dort den Nachwuchs im Kinder- und Jugendbereich aus und organisiert Regatten. Und wenn abends Zeit ist, tauscht er das Schlauchboot gegen seine Motte oder ein H-Boot und startet selbst durch. Just for fun, aber auch bei Regatten. Beim Wassersegeln steht die H-Boot-WM in Warnemünde im Visier. Und auf dem Eis eine zweite, noch erfolgreichere Saison.
Eigentlich wären viele Eisseglerinnen und Eissegler weiter gereist Richtung Osteuropa, zum Beispiel zur Ice-Sailing-Week auf den russischen Baikalsee. Doch der Krieg in der Ukraine veränderte den Ausklang der Saison abrupt. Auf dem Programm stehen noch einige Europäische Landes-Meisterschaften. Und die Hoffnung auf Frieden und gute Bedingungen in der Zukunft.
Weitere Saison-Ergebnisse finden Sie auf der Seite der Europäischen Klassenvereinigung unter www.idniyra.euSie möchten mehr über das Eissegeln erfahren? Dann empfehlen wir Ihnen unsere Broschüre “Faszination Eissegeln”, die Sie hier herunterladen können.