Philipp Buhl und Svenja Weger sind heute als erste Athleten des German Sailing Teams bei den Olympischen Spielen gefordert. Der 31-jährige Laser-Weltmeister Philipp Buhl (Norddeutscher Regatta Verein/Segelclub Alpsee-Immenstadt) startet in seine zweite Olympia-Regatta, Svenja Weger (Potsdamer Yacht Club) blickt ihrer Premiere entgegen.
Während Buhl zu den Medaillenkandidaten zählt, kreuzt Weger als Europameisterin von 2014 mit guten Außenseiter-Chancen an der olympischen Startlinie des küstennäheren Kurses „Kamakura“ auf.
Neben den RS:X-Surferinnen und -Surfern (ohne deutsche Teilnehmer) werden mit den Laser- und Laser-Radial-Flotten am ersten Segelsonntag der Olympischen Spiele die beiden größten olympischen Segelfelder den Auftakt prägen. Mit 44 Booten aus ebenso vielen Nationen stellen die Laser-Radial-Soloseglerinnen das größte Kontingent bei dieser olympischen Regatta. Im männlichen Pendant Laser haben sich 35 Steuerleute zum Kampf um die Medaillen formiert.
Philipp Buhl: „Ich möchte um eine Medaille kämpfen“
Einer von ihnen ist Philipp Buhl. Im Olympischen Segel-Dorf bei Enoshima teilt er sein Zimmer mit dem Kieler Nacra-17-Steuermann Paul Kohlhoff. Die neu formierte olympische Männer-WG funktioniert gut. Morgens gibt es einen gemeinsamen Cappuccino aus der von Kohlhoff mitgebrachten Kaffeemaschine, über den Tag stehen Einheiten auf den im Zimmer aufgestellten Fitness-Fahrrädern mit Blick aufs Meer auf dem Plan.
Buhl hat sich viel vorgenommen für seinen zweiten olympischen Gipfelsturm. „In unserem Feld gibt es zehn Hochkaräter, die für einen Podiumsplatz gut sind. Alle haben schon einmal bei einer olympischen Testregatta oder Pre-Olympics, bei anderen großen Ereignissen oder Olympia auf dem Podium gestanden. Ich selbst zähle auch dazu, fühle mich mental einen Tag vor dem Start in solidem Zustand und genieße es sehr, hier sein zu dürfen. Im Hafen von Enoshima herrscht hundertprozentiges Olympia-Flair. Ich möchte um eine Medaille kämpfen, muss dafür meinen Job gut machen und dann sehen wir, was dabei herauskommt.“
Der Allgäuer machte am Tag vor dem ersten Startschuss einen entspannten Eindruck bei den letzten Vorbereitungen im Team-Lager und im Hafenvorfeld. Der ihm zugeloste Laser, so Buhl, fühle sich gut an. Für Tag eins hat sich Buhl „fokussierte und kalkulierte Starts“ vorgenommen. Der Hauptbootsmann der Bundeswehr will gut in die olympische Regatta reinkommen und „möglichst keine Extreme ausloten“. Aus Erfahrung weiß der viermalige WM-Medaillengewinner (1 x Gold, 1 x Silber, 2 x Bronze): „Man kann eine große Regattaserie nicht am ersten Tag gewinnen. Aber man kann sie am ersten Tag verlieren.“
Buhls Coach Alex Schlonski sagte: „Wir wollen am ersten Tag gut reinkommen in die Serie. Philipp soll seine Routinen abspulen und größere Risiken vermeiden. Wer hier bei Olympischen Spielen gewinnen will, wird das nicht mit Dauer-Risiko, sondern mit dem gelungenen Abrufen seines Leistungsvermögens schaffen.“
Svenja Weger: Zwischen Spannung und Vorfreude
Noch vor Philipp Buhl startet Svenja Weger am 25. Juli um 5 Uhr morgens deutscher Zeit in ihre ersten beiden Laser-Radial-Wettfahrten. Auch die Psychologie-Studentin hat ein „gutes Gefühl“ mit Blick auf den ihr zugelosten Laser Radial, den sie bereits acht Tage in der Sagami-Bucht gesegelt hat. Am Tag vor ihrer Olympia-Premiere räumte Weger freimütig ein: „Ich bin auf einem Spannungslevel wie lange nicht mehr. Dazu kommen die besonderen Umstände, die vielen Regularien. Viel angespannter könnte ich nicht sein.“ Dabei aber strahlte Weger auch und freute sich sichtlich auf ihren Einsatz.
Wie Philipp Buhl richtet sich auch Weger nach dem jüngsten Wetterbriefing mit German-Sailing-Team-Experte Meeno Schrader auf eine deutliche Veränderung des zuletzt vorherrschenden Wettersystems in Enoshima ein, die mit dem Beginn der Olympia-Regatta zu erwarten ist. Für Sonntag sagen die Prognosen noch Winde um zehn Knoten und Sonnenschein vorher. Ab Montag sollen die Winde bei Regen am Nachmittag voraussichtlich auf 17 bis 20 Knoten zunehmen.
Die olympische Eröffnungsfeier: „schlicht schön“
Die Eröffnungsfeier der XXXII. Olympischen Spiele am Freitagabend in Tokio hat das German Sailing Team wie auch die meisten Athletinnen und Athleten anderer Segel-Nationen in Enoshima an den Fernsehbildschirmen verfolgt. Zum Schutz der Aktiven wurde vor allem in olympischen Dörfern außerhalb Tokios vielfach auf die Teilnahme verzichtet.
Die Entscheidung, mit der deutschen Segelmannschaft nicht am Auftakt in Tokio teilzunehmen, traf die Mannschaftsleitung des German Sailing Teams in Absprache mit dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) zum Schutz der Aktiven. Die Botschaft: „Eine Covid-19-Infektion oder die Identifizierung als ´close contact´ einer infizierten Person kann für Athlet*innen das Ende der Spiele bedeuten. Diesen besonderen olympischen Moment nicht live in Tokio erlebt zu haben ist bedauerlich. Aber die Gesundheit des Teams ist das höchste Gut und die Wettkämpfe stehen an erster Stelle.“ Die schöne, aber nicht ausladende Eröffnungsfeier empfand nicht nur Philipp Buhl als wohltuend: „Es muss nicht immer alles noch gigantischer und noch teurer sein. Die Feier war schlicht schön.“