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Fehmarnbelt: Achtung, Baustelle!

Mit gewaltigen Spezialschiffen werden in den kommenden Monaten die einzelnen Segmente für den Absenktunnel über den Fehmarnbelt über das Seegebiet transportiert © Femern S/A

Zwischen der dänischen Insel Lolland und der deutschen Insel Fehmarn entsteht eines der ambitioniertesten Infrastrukturprojekte der Welt: Ab 2029 wird ein 18 Kilometer langer Tunnel Puttgarden auf Fehmarn mit Rødbyhavn verbinden. Die Bauarbeiten führen auch zu vorübergehenden Sperrgebieten für die Sportschifffahrt. Berit Kramer von der Abteilung Fahrten- und Freizeitsegeln im DSV war vor Ort und hat sich ein genaues Bild vom Fortschritt des Tunnelbaus sowie den Einschränkungen auf dem Wasser gemacht.

Für die Seglerinnen und Segler des DSV besuchte Berit Kramer Fehmarn und die Leitstelle des Projekts „Femern“ in Rødbyhavn. In persönlichen Gesprächen mit den Planerinnen und Planern der Großbaustelle informierte sie sich über die Hintergründe zu den Sperrgebieten, die auch in den kommenden vier bis fünf Jahren noch Umwege für die Freizeitsegelnden bedeuten können.

Im Anschluss an das Treffen in den Räumen des Informationszentrums in Rødbyhavn fuhr sie mit einem der Offshore-Inspektionsschiffe der Tunnelbaustelle auf den Fehmarnbelt und ließ sich die Auswirkungen des Tunnelbauprojekts auf die Sportschifffahrt zeigen. Dabei wurde deutlich, dass die Gefahren und Einschränkungen für Freizeityachten nicht nur von den sehr großen, überwiegend manövrierbehinderten Arbeitsschiffen ausgehen, die entlang der künftigen Tunneltrasse eingesetzt werden.

Berit Kramer von der Abteilung Fahrten- und Freizeitsegeln des DSV fuhr nach Lolland und Fehmarn, um sich vor Ort ein Bild von den Tunnelbauarbeiten und den damit verbundenen Einschränkungen für die Seglerinnen und Segler zu machen © DSV

„Diese teils riesigen Spezialschiffe sind manövrierbehinderte Arbeitsschiffe, die maßgefertigte Tunnelelemente transportieren und an ihrem Bestimmungsort auf den Meeresgrund absenken“, erklärt die erfahrene Seglerin Berit Kramer. „Noch gefährlicher sind aber die an oder dicht unter der Wasseroberfläche befindlichen, schwer bis gar nicht auszumachenden Hindernissen wie Pontons, Spülrohre, Ankerketten oder Kabelverbindungen. Umwege von rund fünf Seemeilen können zur eigenen Sicherheit durchaus notwendig sein.“

Segelnde müssen sich über Sperrgebiete informieren

Während der gesamten Bauzeit gibt es daher entlang der Trasse je nach Baufortschritt wechselnde Sperrgebiete, die durch große, befeuerte Tonnen mit AIS-Kennung markiert sind. „Es ist sehr wichtig, dass sich Seglerinnen und Segler tagesaktuell über diese Offshore-Sperrgebiete informieren“, betont Berit Kramer. Aktuelle Sperrgebiete werden auf der Website dma.dk sowie auf elwis.de (Elektronischer Wasserstraßen Informationsservice) veröffentlicht. Die Updates für elektronische Seekarten enthalten diese Informationen meist erst mit einer Verzögerung von rund drei Wochen. Berit Kramer empfiehlt, auf einer Papierseekarte die Lage der aktuellen Sperrgebiete einzuzeichnen. Die aktuellen Sperrzonen werden über die Bekanntmachungen für Seefahrer (BfS) auch auf der Website des DSV veröffentlicht. Seglerinnen und Segler dürfen die Sperrgebiete aus Sicherheitsgründen zu keiner Zeit durchfahren.

Das gesamte, auch von Handelsschiffen stark frequentierte Seegebiet wird zudem während der Bauphase von Travemünde aus über die Leitstelle des Vessel Traffic Service (VTS) engmaschig überwacht.

Das VTS verfolgt rund um die Uhr alle Schiffsbewegungen. Wer mit seiner Yacht einem der Sperrgebiete zu nahe kommt, wird über Kanal 16 aufgefordert, seinen Kurs zu ändern. Geschieht dies nicht, stehen kleine Arbeitsschiffe bereit, deren Besatzung die Seglerinnen und Segler direkt ansteuert, vor den Gefahren im Seegebiet warnt und die Crews auf dem Weg um das Sperrgebiet herum begleitet.

„Der Fehmarnbelt ist stark befahren und ein wichtiger Teil der Handelsroute von West nach Ost. Besonders wichtig ist es daher, bei der Durchfahrt immer Ausguck zu gehen, auf Tonnen und Schiffsbewegungen zu achten und insbesondere die Funk-Hörwache auf Kanal 16 nicht zu vernachlässigen“, betont Berit Kramer und empfiehlt dringend, dass sich Seglerinnen und Segler vor der Einfahrt in das VTS-Gebiet bei Fehmarnbelt-Traffic auf UKW-Kanal 68 anmelden. Dieser Service zur Sicherheit der Handelsschifffahrt, der auch von Freizeitskipperinnen und -skipper genutzt werden kann, wird während der gesamten Bauphase von deutschen und dänischen Behörden gemeinsam betrieben.

Auch in Küstennähe ist Vorsicht geboten

Neben den wandernden Sperrgebieten müssen Segelnde auch im küstennahen Bereich vorsichtig sein: Innerhalb der 20-Meter-Tiefenlinie befindet sich der Vorhaltebereich, der dauerhaft als Sperrgebiet eingerichtet ist. Auch in diesem Sperrgebiet liegen nicht dauerhaft Schiffe oder sichtbare größere Schifffahrtshindernisse, die Gefahren schlummern vielmehr an oder dicht unter der Wasseroberfläche. Bei der Ansteuerung auf Rødbyhavn ist zu beachten, dass sich um den Arbeitshafen und das Tunnelportal ein weiteres großes Sperrgebiet erstreckt.

Die Betreibergesellschaft Femern A/S plant vor Beginn der Saison eine umfangreiche Informationskampagne, um Vereine, Marinas und Charterzentren entlang der deutschen Ostseeküste über die Gefahren aufzuklären und um Verständnis für die Baumaßnahmen zu werben.

„Im Baustellenhafen in Rødbyhavn ist ein Ausstellungszentrum, in dem detailliert der Tunnelbau erklärt wird“, berichtet Berit Kramer von ihrem Besuch in der zentralen Leitstelle der Tunnelbaugesellschaft. „Kleine Modelle verdeutlichen die vielen Vorarbeiten, die bereits geleistet worden sind und zeigen die gewaltigen Spezialmaschinen und Schiffe, mit denen die einzelnen Tunnelsegmente transportiert und verlegt werden.“ Ein etwas kleineres Informationszentrum gibt es zudem auf der deutschen Seite in Burg auf Fehmarn. Neben dem Informationszentrum ist in Rødbyhavn auch die zentrale Koordinierungsstelle für das Tunnelprojekt und die Arbeitsschiffe untergebracht.

Hintergrund: Der neue Fehmarnbelt-Tunnel

Der Tunnel durch den Fehmarnbelt ist ein Mammutprojekt: Über 18 Kilometer mit fünf Röhren wird sich die Tunnelanlage des „Femern“ (dem dänischen Namen der Insel Fehmarn entlehnt) nach ihrer Fertigstellung durch den Belt erstrecken. Der Tunnel wird der längste und tiefste kombinierte Straßen- und Eisenbahntunnel der Welt sein.

Zwei der Röhren sind für den Autoverkehr vorgesehen, zwei weitere für den Zugverkehr, während die fünfte Röhre als Rettungsweg dient. Insbesondere die Verbindung zwischen Hamburg und Kopenhagen wird durch den Tunnel erheblich verbessert: Die Zugfahrt verkürzt sich auf zweieinhalb Stunden; Autofahrer sparen sich das Warten auf die halbstündlich verkehrende Fähre und brauchen nur rund zehn Minuten, um von Fehmarn nach Lolland zu gelangen. Die Refinanzierung des Projekts erfolgt langfristig durch Mautgebühren, die Fährverbindung bleibt voraussichtlich weiterhin bestehen.

Schon die Vorbereitungen für den Bau des Tunnels durch den Fehmarnbelt waren sehr aufwändig. Nachdem ein 80 bis 140 Meter breiter Graben in den Meeresboden gegraben wurde, werden im nächsten Schritt vorgefertigte Betonelemente aus dem eigens errichteten Werkhafen in Rødbyhavn mithilfe von Spezialschiffen in die Ostsee abgesenkt und unter Wasser miteinander verbunden. Anschließend wird der Tunnel mit einer Schutzschicht aus großen Steinen und Sand bedeckt, die sich dem natürlichen Meeresgrund anpasst.

Die Dimensionen der einzelnen Bauteile und damit auch der zum Einsatz kommenden Spezialschiffe sind gewaltig: Allein die Standardelemente der Tunnelröhren sind 217 Meter lang, 42 Meter breit und neun Meter m hoch und wiegen mehr als 73.000 Tonnen, dazu kommen zahlreiche verschiedene Spezialelemente für Haltebuchten und die Anlagetechnik.

Läuft alles nach Plan, wird der Tunnel unter dem Fehmarnbelt 2029 eröffnet und das Seegebiet wieder uneingeschränkt für den Yachtsport passierbar sein.

Informationen zum Bau des Fehmarnbelt-Tunnels in deutscher Sprache: