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Türkei: hohe Strafen für verfehltes Klarieren

Während der Länderwechsel in der Europäischen Union für Sportbootfahrer mittlerweile völlig unproblematisch und (fast) ohne Behördengänge funktioniert, muss man an den Unionsgrenzen die jeweiligen Regeln besser genau beachten, sonst kann es mitunter recht teuer werden. So erst jüngst geschehen beim Grenzübergang von Bulgarien in die Türkei.

Im Sommer dieses Jahres kam es für ein Seglerpaar in der türkischen Metropole Istanbul richtig dick. Das Boot erreichte die Ataköy Marina, die die Eigner zum Einklarieren an eine Yacht-Agentur verwies. Die Agentur präsentierte den Eignern nach getaner Arbeit eine Rechnung von 500 EUR für ihre Tätigkeit. Als unerwarteter Bonus kamen Belege über 4.400 EUR für Strafen und ein Einreiseverbot für zwei Jahre dazu – mit unverzüglicher Ausreise. Die Zahlungen waren umgehend zu entrichten.

Zur Vorgeschichte: Im Mai 2022 hatten die Eigner in Çanakkale, im Südwesten der Dardanellen, in der Türkei einklariert. Sie passierten in der Folge Istanbul, fuhren ins Schwarze Meer und wollten in İğneada nach Bulgarien ausklarieren. İğneada war zu diesem Zeitpunkt noch als Port of Entry in der im April 2022 neu aufgelegten Länderbroschüre Türkei der DSV-Kreuzerabteilung enthalten. In İğneada war die Grenzpolizei zwar vor Ort und kontrollierte die Dokumente, wies aber darauf hin, dass Ausreisen zwar möglich sei, aber nur ohne den benötigten Stempel. Eine Rückreise nach Istanbul konnte zeitlich nicht mehr organisiert werden, und so verließ das Schiff 2022 İğneada ohne die offiziellen Ausreisepapiere.

Ein erfahrener türkischer Yacht-Gutachter und Segler hat die Dokumente, die nach dem Vorfall zu Verfügung gestellt werden konnten, durchgesehen und schreibt:

„Aufenthaltsfristen sind Hoheitsrechte. Soweit wir ersehen können, haben die Personen sowie das Schiff die jeweils genehmigten Aufenthaltsfristen in der Türkei weit überzogen – so sieht es jedenfalls aus der administrativen Sicht aus. Dies führt zu Konsequenzen, sowohl für die Personen als auch für das Schiff.

In einem Fall, in dem ein Boot, ohne aus der Türkei ausklariert zu haben, nur wenige Tage auf den vorgelagerten griechischen Inseln war und danach in der Türkei einklarieren wollte, wurde das türkische Zollamt auf den Vorgang aufmerksam, und die Strafe fiel hart aus: Das Amt erhob Anspruch auf ein Bußgeld im Verhältnis zum amtlich geschätzten Wert der Yacht. Die Eigner bezahlten.

Im Gegenzug, in einem Fall, in dem eine türkische Person in der Europäischen Union eine Frist nur wenige Tage überzogen hatte, wurde ihre langfristige Aufenthaltsgenehmigung in der Union einfach gestrichen.

Um auf den vorliegenden Fall zurückzukehren: In den Dokumenten, in die wir einsehen konnten, wird belehrt, dass neben dem Rechtsweg, auch ein einfacher administrativer Einspruch geltend gemacht werden kann. Diesem Einspruch wäre es wert gewesen nachzugehen, da hier Unkenntnis und das Fehlen von schlechten Absichten einen hohen Stellenwert haben sollten. Die Strafen wurden aber bezahlt ohne Einspruchsvermerk.

Zu diesem Zeitpunkt muss überlegt werden, ob es Sinn macht, einen Anwalt einzubeziehen. Gegebenenfalls, die deutschen Konsulate führen einen Nachweis über sprachkundige und bewährte lokale Anwälte. Oft sind kurze Erstberatungen, mit der Absicht eine Übersicht zu gewinnen, kostenfrei.

Hinzufügen sollte ich, dass die in Istanbul hinzugezogene Yacht-Agentur über Jahrzehnte existiert und als fachkundig bekannt ist. Mir sind keine Ungereimtheiten bekannt, und sollte diese Agentur die Zahlung ohne Einspruch empfohlen haben,  könnte dies Gründe haben, denen nachgegangen werden sollte.

Leider muss man an den Außengrenzen der Union, wo der Migrationsdruck in die Union seit Jahren hoch ist und wo Yachten ein beliebtes Transportmedium darstellen, als Schiffsführer die gebührende Achtsamkeit üben.“

In diesem konkreten Fall konnten die Eigner keinen unverzüglichen Einspruch erheben, da die notwendige Weiterreise durch das Marmarameer bis nach Griechenland zeitlich sonst nicht mehr hätte bewältigt werden können.  Zurück in Deutschland sind sie vor allem entsetzt, dass Fakten, wie die bestätigten Grenzübertritte nach Bulgarien, einfach ignoriert wurden. Diese an den Tag gelegte Willkür lässt sie befürchten, dass ein für sie arbeitender Rechtsanwalt wahrscheinlich nicht erfolgreich wäre. Wie man so schön sagt, wollen sie „dem schlechten Geld kein gutes hinterher werfen“ – ein Einspruch ist nicht vorgesehen. Sie möchten aber hiermit andere Wassersportler warnen.

Übrigens:

Wer die Türkei ohne Klarieren mit der Yacht durch die Türkische Seestraße (Bosporus, Marmara-Meer und Dardanellen) passieren möchte, kann das tun – vorausgesetzt das Schiff fährt während des Transits keinen türkischen Hafen an.

Die dafür benötigten Dokumente variieren. In einem konkreten Fall sollte eine kompetente Yacht-Agentur im Voraus angesprochen werden. Asist Ship, zum Beispiel, nannte im August 2024 Kosten von ca. 150 Euro pro Boot. E-Mail: [email protected]