Auf Einladung des Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH), des Deutschen Segler-Verbands und des Deutschen Motoryachtverbands (DMYV) trafen sich Expertinnen und Experten zum Ersten Runden Tisch Biofouling in der Sportschifffahrt 2024 in Hamburg. Eine intensive Bestandsaufnahme der Situation bestätigte die zunehmende Problematik für Umwelt und Menschen durch den Bewuchs untergetauchter Oberflächen mit Organismen wie Mikroben, Algen und Muscheln. Deutlich wurde auch, dass es zurzeit keine perfekte Lösung für das Problem in Form von zum Beispiel wirksamen biozidfreien Schutzmaßnahmen gibt. Alle beteiligten Verbände, Behörden und die Industrie sind gefordert, verstärkte Aufklärungsarbeit bei Sportbootbesitzerinnen und -besitzern zu leisten und parallel die Entwicklung von umweltfreundlichen Antifouling-Produkten und weiteren Management-Möglichkeiten voranzutreiben.
Der Treibstoffverbrauch steigt, die Emissionen der Boote erhöhen sich, eingeschränkte Manövrierfähigkeit kann zu mehr Unfällen führen – die zunehmende Problematik von Biofouling betrifft Wassersportlerinnen und Wassersportler in Deutschland, Europa und weltweit. Zusätzlich kommt es durch Biofouling verstärkt zu einer Ansiedelung von sogenannten invasiven oder nicht-heimischen Arten, die weltweit eine der größten Bedrohungen für Umwelt und Menschen darstellen und das ökologische Gleichgewicht empfindlich stören können. So findet sich in Nord- und Ostsee vermehrt der Kalkröhrenwurm (ursprünglich Mittelmeer), im Bodensee die Quagga-Muschel (ursprünglich Aralsee und Schwarzmeerraum) – um nur zwei Beispiele aus Deutschland zu nennen.
Einheitliche Empfehlungen und Gesetze sind notwendig
„Wir alle sind uns bewusst, dass aktiv gehandelt werden muss“, sagt Rainer Tatenhorst, Leiter der DSV-Abteilung Fahrten- und Freizeitsegeln. So sollten europaweit möglichst einheitliche Empfehlungen und gesetzliche Regularien für die Anwendung von umweltfreundlichen und zugleich wirksamen Bewuchsschutzsystemen entwickelt, auf die unterschiedlichen Bedingungen abgestimmt und auch umgesetzt werden.
Neben der Nutzung von möglichst umweltverträglichen und zumindest toxinverminderten Antifouling-Produkten „müssen wir in Deutschland aber auch andere Schutzmaßnahmen prüfen“. So sind zum Beispiel in Schweden bereits 35 Reinigungsanlagen in Betrieb, in denen Boote gewaschen werden können.
Mehr Aufklärung über Biofouling-Management
Eine Umfrage des BSH unter Sportbootbesitzerinnen und -besitzern (2017 – 2024) bestätigt ein deutlich vorhandenes Umweltbewusstsein, aber auch die Notwendigkeit nach mehr Aufklärung: In welchen Revieren und Marinas droht starker Bewuchs? Welche Schutzmaßnahmen können präventiv durchgeführt werden? Und vor allem: Wie kann ich mein eigenes Boot und zugleich die Umwelt nachhaltig schützen? Bei all diesen Fragen herrscht große Unsicherheit „und führt dann schnell zu einer oft unnötigen Verwendung stark biozidhaltiger Systeme“, so Rainer Tatenhorst weiter.
Einigkeit herrschte bei allen Beteiligten, für mehr Aufklärungsarbeit unter anderem den sogenannten Bewuchs-Atlas des Umweltbundesamts öffentlich stärker in den Fokus zu rücken. Dort finden Bootseignerinnen und -eigner Informationen zum Bewuchs am Liegeplatz ihres Bootes und in dem jeweiligen Revier. Mit Hilfe einer digitalen Karte lassen sich die Verhältnisse vor Ort recherchieren. Neben entsprechenden Bewuchs-Analysen finden sich auch allgemeine Schutzempfehlungen mit einem besonderen Hinweis auf biozidverminderte Bewuchsschutzsysteme.
„Es ist sinnvoll, wenn Eignerinnen und Eigner regelmäßig in diesen Atlas schauen“, sagt Rainer Tatenhorst weiter, „Der Atlas wird regelmäßig aktualisiert und informiert zudem über neueste Entwicklungen im Bereich der biozidfreien Antifouling-Produkte, aber auch über Veränderungen bei der Gesetzgebung.“
Zudem verweist Justiziar Michael Stoldt aus der DSV-Abteilung Umwelt und Recht auf eine deutsche Übersetzung der IMO-Richtlinien (International Maritime Organisation), in denen Maßnahmen zur Verminderung der Einschleppung fremder Arten an Schiffsrümpfen aufgeführt sind. So können alle Segelnden ganz konkret etwas tun.
Auch, wenn der Runde Tisch Biofouling kein Gremium ist, welches Regularien und Gesetze festlegen kann, zieht Rainer Tatenhorst ein positives Fazit nach dem ersten Treffen 2024: „Wassersport-Verbände, Behörden und die Industrie schaffen hier ein Netzwerk, bei dem es nicht um die Schuldfrage geht, sondern vorrangig um Lösungschancen für alle Beteiligten.“
Für weitere Informationen finden Sie die Expertenvorträge vom Runden Tisch Biofouling beim Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie.