Neuartige bionische Schiffsbeschichtung

Das Projekt ARES erforscht bionische Schiffsbeschichtungen, welche die Reibung zischen Schiffswänden und Wasser herabsetzen. Die Inspiration liefert ein Schwimmfarn.

ARES Neuartige bionische Schiffsbeschichtung
Der Natur nachgeahmte komplexe Strukturen halten Luft auch unter Wasser fest. Die Luft auf den eigentlich blauen Träger glänzt unter Wasser silbern. Foto: Thomas Schimmel, KIT

Reibung, Korrosion und Biobewuchs sind die drei Schlüsselprobleme der Schifffahrt. Das Forschungsvorhaben „Air-Retaining Surfaces“ (ARES) – ein Kooperationsprojekt des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und der Universitäten Bonn und Rostock – erforscht neuartige Schiffsbeschichtungen, die unter Wasser eine Luftschicht dauerhaft halten und so den Reibungswiderstand von Oberflächen wesentlich verringern. Zugleich vermeiden sie die Freisetzung toxischer Substanzen aus Schiffslacken sowie Biobewuchs (Fouling) und Korrosion, indem die Lufthülle den Kontakt zwischen dem Schiff und dem Wasser verhindert.

Der Salvinia-Effekt – Inspiration aus der Natur

Vorbild für das Forschungsvorhaben ist, wie so oft, die Natur. Der Salvinia-Effekt, der von dem Physiker Professor Thomas Schimmel vom KIT und dem Botaniker Professor Wilhelm Barthlott von der Universität Bonn in enger Zusammenarbeit mit dem Strömungsmechaniker Professor Alfred Leder von der Universität Rostock gemeinsam erforscht wurde, ermöglicht es bestimmten Pflanzen wie dem Schwimmfarn Salvinia molesta, auch unter Wasser zu atmen. Dies gelingt ihm durch seine besonderen Haare, die in ihrer Form an kleine Schneebesen erinnern und durch eine besondere chemische Heterogenität charakterisiert sind: Die Einzelhaare sind einerseits wasserabstoßend, jedoch besitzt jedes einzelne Härchen noch eine wasseranziehende Spitze, die wie ein Klebepunkt am Wasser haftet und damit die eingeschlossene Luftschicht dauerhaft stabilisiert.

„Nachdem wir den Salvinia-Effekt verstanden hatten, erkannten wir das enorme ökonomische und ökologische Potenzial einer technischen Umsetzung“, berichtet Thomas Schimmel, der wissenschaftliche Koordinator des ARES-Projektes. Umgibt man die Schiffe unter Wasser mit einer Lufthülle, könnte man die drei Schlüsselprobleme der Schifffahrt – Reibung, Korrosion und Biobewuchs – lösen .

Weniger Gifte und mehr Effizienz durch Reibungsreduktion

Auf der Basis solcher unter Wasser permanent lufthaltender Oberflächen („AirCoating Technologie“) sollen neuartige bionische Schiffsbeschichtungen entstehen, bei denen das Schiff unter Wasser mit einer Schmierschicht aus Luft umhüllt wird. Die neue, umweltfreundliche Technologie bietet ein enormes Potenzial für die Reibungsreduktion. Zugleich liefert sie die Basis für ein umweltfreundliches „Antifouling“ ohne Freisetzung von Gift ins Meer und bietet zusätzlich Korrosionsschutz.

„Wir konnten zeigen, dass durch die AirCoating-Technologie eine Reibungsreduktion von circa 20 Prozent erzielt werden konnte, da die Reibung zwischen Schiff und Wasser gegen die Reibung zwischen Schiff und Luft ersetzt wird“, erklärt Thomas Schimmel. „Die innovativen Oberflächen könnten damit zukünftig für eine Steigerung der Energieeffizienz sorgen und einen wichtigen Beitrag für unsere Umwelt leisten.“

Auszeichnung mit dem Validierungspreis

Das Forschungsprojekt „ARES“ belegt den ersten Platz des Validierungspreises, den das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) vergibt. Dieser Preis zeichnet herausragende Projekte aus, die überzeugend die Ergebnisse der Validierungsphase in die Verwertung und Anwendung gebracht haben.

Projektvideo des BMBF ↗

Fernsehbeitrag über die neue Technologie (englisch) ↗

Quelle: KIT – Karlsruher Institut für Technologie ↗

Beitragsbild: Thomas Schimmel, Professor am KIT, gilt als Pionier der Luftbeschichtung unter Wasser und ist wissenschaftlicher Koordinator der Projekte ARES und AIRCOAT. Foto: B. Schweizer