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ESCW: Fahrtensegeln mit Leib und Seele

Segeln auf der Elbe - Herbert Hirthe, Mitglied im Elb-Segel-Club-Windeswende, malt diese und ähnliche Segel-Bilder
Herbert "Fiete" Hirthe ist von Kindesbeinen an Mitglied im Elb-Segel-Club-Windeswende und malt kreative Segelszenen auf der Elbe. In seiner Funktion als Kassenwart hat er unter anderem mit den Tusche-Feder-Zeichnungen zahlreiche Beitragsquittungen verziert. © ESCW

Seit 100 Jahren gibt es den Elb-Segel-Club-Windeswende (ESCW) bei Hamburg. Die Seglerinnen und Segler des kleinen Vereins ohne eigenes Gelände und Clubhaus setzen auf gemeinsames Segeln, gute Seemannschaft und vorbehaltloses Miteinander. Der DSV gratuliert ganz herzlich zu diesem besonderen Jubiläum und wünscht alles Gute für die Zukunft.

Menschen aus allen Bevölkerungsschichten das Segeln nahebringen – wie beim Elb-Segel-Club-Windeswende alles begann…

Es ist 100 Jahre her. Am 11. März 1925 trafen sich einige Segler im Restaurant „Mau“ am Hamburger Holstenwall und gründeten einen Verein zur Stärkung der „Kameradschaft und Freude am Segeln“. Der Erste Weltkrieg war beendet, doch hohe Arbeitslosigkeit und politische Instabilität sorgten für Ängste. Mit der Gründung des Elb-Segel-Clubs-Windeswende wollten die Herren den damals stark privilegierten Segelsport öffnen und Menschen aus allen Bevölkerungsschichten als Vergnügen abseits von Sorgen nahebringen. „Jetzt hat sich der Wind gewendet, warum sollten wir unseren neuen Verein nicht „Windeswende“ nennen?“ Mit diesen hoffnungsvollen Worten wird Jakob Kinau, einer der damaligen Initiatoren und Bruder des Schriftstellers Wilhelm Kinau alias Gorch Fock, heute noch gerne zitiert. 

Schon in den Anfängen verband die Mitglieder vor allem eins: die Liebe zu Wasser und Wind. So überrascht es nicht, dass viele ESCW-Segelnde aus der Seefahrt kamen und kommen. „Vom Bootsbauer bis zum Kap Hoornier war alles dabei“, sagt Gerhard Peters, seit 2011 Vorsitzender des Elb-Segel-Clubs Windeswende.

Viele Jahre lagen die ESCW-Boote im Schulauer Hafen, der ursprünglich für Warenumschlag und Fischerei genutzt wurde. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten löste sich der Verein formal auf und ging als „Schulauer Gruppe“ in der „Glücksstädter Seglervereinigung“ auf. Das Segeln auf der verminten Elbe war gefährlich, für einige Vereinsmitglieder wurde das Boot allerdings zur rettenden Wohnung während des Krieges, wenn Stadthäuser zerstört wurden.

Schulauer Hafen an der Elbe bei Hamburg um 1930
Bis 1961 lagen die Boote der Seglerinnen und Segler des Elb-Segel-Clubs-Windeswende im Schulauer Hafen. © ESCW

…und wie es weiterging: Umzug in den neuen Hafen und wilde Jahre mit den Künstlern

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs kehrten die Segelnden des ESCW schnell zurück zu ihrem geliebten Sport, schon zu Beginn der 1950er-Jahren wurden die ersten roten Stander mit schwarzem Kreuz auch im Ausland wieder gesichtet. 1961 zog der Verein um in den neuen Hafen von Wedel und wurde Mitglied der Hamburger Yachthafen Gemeinschaft e.V.

Lustig und legendär ging es in den 1970er-Jahren in dem kleinen Segel-Club zu. Um den Hamburger Maler und enthusiastischen Segler Volker Meier, sammelten sich viele Künstlerinnen und Künstler im Elb-Segel-Club Windeswende. Maler, Galeristen, Buchdrucker, Kunstlehrer, Tischler und Architekten brachten kreative Ideen in das Vereinsleben ein.

„Neben intensiven Segeltouren und der liebevollen Restauration von historischen Schiffen wie Ewern und Kuttern organisierte die Gruppe kulturelle Veranstaltungen und feucht-fröhliche Feste für alle“, beschreibt Gerhard Peters die Zeit. Doch irgendwann passte der lockere Auftritt der Künstlerinnen und Künstler nicht mehr so recht zu „dem damals noch eher steifen Verhalten einiger Herren im Verein“. Man fürchtete um die Tradition, und es kam zum Bruch mit den Kreativen.

Gemeinschaft mit Herz – der Elb-Segel-Club-Windeswende heute

Das Heimatrevier der Windeswende-Seglerinnen und -Segler ist die Elbe, von Wedel aus Richtung Stör oder nach Wischhafen. „Wir alle sind Fahrtenseglerinnen und Fahrtensegler, von ganzem Herzen und mit Leib und Seele.“ Deshalb trifft man Segelnde der kleinen ESCW-Gemeinschaft nicht nur auf der Elbe, sondern in vielen Ecken der Welt: an der Ostsee, in Dänemark, Schweden, Norwegen, Estland oder auch mal in der Karibik.

„Im Yachthafen von Wedel versuchen wir, möglichst alle an einem Steg zu liegen“, erzählt Gerhard Peters. „So können wir uns gegenseitig unterstützen und bleiben ganz unkompliziert immer im Gespräch.“ Gemeinsam werden die Boote zu Wasser gelassen, Masten gesetzt und Reparaturen erledigt. Irgendjemand habe immer eine Idee für die Lösung eines Problems, egal ob defekte Bordelektrik oder ein Riss im Segel. 

Einmal im Monat treffen sich die Seglerinnen und Segler im Winter. Dann berichtet einer vom letzten großen Sommertörn und gibt Tipps für notwendige Planungen, ein anderer stellt neueste Techniken für Hilferufe im Notfall vor. Außerdem stehen Ausflüge auf dem Programm, mal zum Schiffshebewerk nach Scharnebeck, mal zur Sternwarte nach Bergedorf oder zum Baudenkmal Wasserwerk Kaltehofe. Hauptsache Wasser, Wind und Wetter sind im Spiel.

Gemeinsam und ganz unkompliziert segeln – warum die Vereinigung Harburger Segler ein attraktiver Verein ist

„Wir wollen keinen Segelsport mit Lackschuh und Krawatte“, sagt Gerhard Peters. Auf dem Wasser sein, gemeinsam segeln und gute Seemannschaft pflegen – wer das sucht, „der ist bei uns genau richtig und jederzeit willkommen“.

Und dieses – in Anlehnung an die Gründerväter – ganz unabhängig von Nationalität, Hautfarbe, Religion, Geschlecht oder der Größe des Geldbeutels. Beim ESCW gibt es kein eigenes Gelände und Clubhaus, das finanziell aufwändig in Schuss gehalten werden muss, sondern schlicht einen Platz am Steg in der Yachthafengemeinschaft Wedel. „Dort können sich alle wohlfühlen, und die Kosten für den schönsten Sport der Welt sind überschaubar.“

Das wünschen sich die Segelnden des Elb-Segel-Vereins-Windeswende

Drei Wünsche liegen den Elbseglerinnen und -seglern am Herzen: Erstens, dass alles so bleibt, wie es gerade ist, in der kleinen Gemeinschaft des Clubs und der großen im Yachthafen von Wedel. Zweitens, dass die Elbe als Revier für Freizeitskipperinnen und -skipper trotz zunehmender Berufsschifffahrt erhalten bleibt. Drittens, dass auch die Landschaft rund um den Fluss als Erholungsgebiet weiter zur Verfügung steht. „Dafür ist es wichtig, dass Vereine und Verbände gemeinsam mit der Politik die richtige Balance finden aus dem Schutz der Natur und parallel dem Wohlergehen der Menschen“, wünscht sich Gerhard Peters stellvertretend für die Vereinsmitglieder des ESCW.

Das ist der Elb-Segel-Club-Windeswende

Der Verein und seine Mitglieder sind in der Hamburger Yachthafen Gemeinschaft e.V. in Wedel an der Elbe ansässig. Zum ESCW gehören zurzeit 32 Mitglieder mit 15 Segel- und sieben Motorbooten. Adresse: Deichstraße 19, 22880 Wedel; E-Mail: [email protected] ; Tel. 040 837770; www.escw-hamburg.de