Knapp 1.300 Vereine gehören dem Deutschen Segler-Verband an. Einige von ihnen kann man durchaus als „kleinen Segelclub“ bezeichnen: Mit nicht mehr als 40 oder 50 Mitgliedern gestalten die Seglerinnen und Segler ein Vereinsleben, das unter besonderen Vorzeichen steht. In loser Folge stellen wir Ihnen einige dieser kleinen Gemeinschaften vor und zeigen, vor welchen besonderen Herausforderungen diese stehen und welche Chancen sie zugleich bieten. Wir beginnen mit dem „Segelsportverein Einheit Plauen e.V.“ an der Talsperre Pöhl im sächsischen Vogtland.
Gemauertes Vereinshaus mit überdachter Terrasse? Restaurant mit Pächter und großer Speisekarte? Danke, nein, nicht notwendig. Auf dem Gelände des „Segelsportvereins Einheit Plauen“ steht ein schlichtes Holzhaus, dessen Satteldach bis zum Boden reicht. In dieser für die Region typischen Finnhütte mit knapp 20 Quadratmetern Grundfläche gibt es eine komplett ausgerüstete Küche, einen Tisch und eine Bank.
„Das reicht vollkommen, und vor unserem Vereinshaus gibt es ausreichend Rasenfläche“, sagt Klaus-Dieter Piechutta, seit 15 Jahren Vereinsvorsitzender des SSVEP an der Talsperre Pöhl. „Dort essen, trinken, klönen und fachsimpeln wir, dort planen wir aber auch Regatten.“ Die Rasenfläche gehört dem Zweckverband, der das Rückhaltebecken für Schmelzwasser verwaltet. Die Seglerinnen und Segler dürfen sie nutzen.
41 Mitglieder zählt der Verein am Gunzenberg, in der Jugendabteilung lernen aktuell drei Kinder das Segeln in den zwei vereinseigenen Optimisten. Alle 14 Tage gibt es eine Trainingsregatta für alle, die Lust haben. 420er, Laser, Piraten, Kat und Flying Dutchman sind am Start. Insbesondere die schnellen Zweihand-FD-Jollen haben den kleinen Verein auch über die sächsischen Landesgrenzen hinaus bekannt gemacht: Zwischen Kiel und Ammersee, aber auch in z.B. Polen, Tschechien, Österreich, Kroatien, Italien und sogar in Übersee segelten Teams von der Talsperre Pöhl bei Meisterschaften mit. Und FD-Steuermann Felix Albert mit seinen Vorschotern Lukas Merz und Leif Hickstein gelang in diesem Jahr eine mehr als erfolgreiche Saison: Sie wurden Deutsche Vizemeister und Ranglisten-Erste 2020.
Der sportliche Erfolg ist also wie bei den „Großen“ – doch was ist anders, wenn nur 41 Seglerinnen und Segler auf der Mitgliederliste stehen? Vorsitzender Klaus-Dieter Piechutta muss nicht lange nachdenken: „Wir sind klar im Vorteil, wenn Entscheidungen getroffen werden müssen.“ Der Ausbau des Vereinshauses, die Konstruktion eines Bootssteges – was in mitgliederstarken Vereinen lange diskutiert und oft erst nach vielen Sitzungen entschieden wird, geht beim SSVEP schneller über die Bühne. Kurze Kommunikationswege, schnelle Entscheidungen und dann geht’s los. Ein Fliesenleger aus dem Verein gestaltet den Boden der Hütte, ein Elektriker verlegt die Stromkabel, ein Küchenbauer stellt die Schränke auf. Und beim Bau des Bootssteges ist allen klar: Die Vereinskasse ist nie voll, also muss eine einfache, aber praktikable Lösung her. „Große Sprünge können wir uns nicht leisten und manch eine Idee ist nie umsetzbar“, benennt Piechutta einen Nachteil des kleinen Vereins. „Doch der Gemeinschaftssinn ist enorm.“ Es sei ein wenig wie Familie – da helfe man sich ja schließlich auch.
Und so schafft es auch ein kleiner Segelclub wie der SSVEP seit Jahren, die Sächsische Landesmeisterschaft in der FD-Klasse mit mehr als 25 Booten auszurichten. Organisatorisch und finanziell eine echte Herausforderung, ja, aber alle Mitglieder ziehen freiwillig mit: Pavillons aufbauen, das Catering organisieren, Parkraum abstecken, behördliche Genehmigungen einholen, die Teilnehmer einweisen und und und … Und was nicht mit eigenen Bordmitteln geleistet werden, „da schließen sich dann alle an der Talsperre liegenden Vereine zusammen – ein Startboot reicht ja schließlich für alle“.