Vor dem entscheidenden Medalrace lag Johannes Bahnsen noch acht Punkte als Dritter hinter den Führenden – am Ende siegte der eSailor aus Bordesholm bei Kiel deutlich vor dem Krefelder Peter Gather und Jonathan Koch aus Überlingen.
ILCA, J70, 49er, Nacra, Star, Offshore Racer und Fareast 28R – sieben Wettfahrten mussten die 27 gemeldeten Seglerinnen und Segler bei den Deutschen Meisterschaften im Inshore eSailing absolvieren. Die Top Ten dieser Serie starteten dann in das entscheidende Medalrace (F50). Gleichauf mit 16 Punkten führten der DSV-Jugendobmann Jonathan Koch vom Bodensee Yacht-Club Überlingen (Nickname UOL Roxyjoni) und Peter Gather, 54, aus Krefeld (Segelklub Bayer Uerdingen) mit dem Nickname PeterGman.
„Das war wohl mein Vorteil“, sagt Johannes Bahnsen vom Hamburger Segel-Club, „die zwei waren so aufeinander fokussiert, dass sie mich scheinbar aus den Augen verloren hatten und zu ihrem Pech beide einen Frühstart hinlegten.“ Der Niederlassungsleiter eines Montagebetriebs und erfahrene Segler nutzte seine Chance, übernahm auf dem zweiten Schenkel die Führung und gab sie nicht wieder ab. Sein Vorsprung reichte, um in der Endabrechnung auf Platz eins zu landen.
Johannes Bahnsen lernte das Jollensegeln auf der Hamburger Alster, segelte dann viele Jahre Offshore, gewann dort zwei Deutsche Meistertitel (2012/2014). 2018 entdeckte er seine Liebe zum virtuellen Segeln, gewann ein Jahr später die Rangliste und wurde damit auch Deutscher Meister – Titel Nummer eins. Der zweite folgte am vergangenen Wochenende.
Überraschungen und technische Fehler bei den Titelkämpfen
Die deutsche eSailing-Elite segelt ihre Meisterschaftsrennen in sogenannten Arenen, die von der Plattform Virtual Regatta gestaltet werden. Das sorgte diesmal für Überraschungen und in Teilen auch Unmut. So gab es in zwei Wettfahrten „Boundaries“, also seitliche Begrenzungen des Regattakurses, die sonst nur aus der SailGP-Serie bekannt sind. Technische Probleme tauchten dann insbesondere im vierten Rennen auf, als die eSailor im Nacra unterwegs waren – unter anderem wurden die Bahnmarken und die Startlinie falsch angezeigt, es hagelte Strafen und Frühstarts. „Das war ärgerlich“, sagt Lukas Feuerherdt vom Blankeneser Segel-Club, der angetreten war, um seinen Meistertitel aus dem Vorjahr zu verteidigen. „Aber diese bugs betrafen uns alle gleichermaßen, insofern war das irgendwie okay.“ Der in der eSailing-Szene engagierte Segler mit dem Nickname UOL (Unicorns of Love) Luksen landete am Ende auf Rang vier („Ich war zu unkonzentriert, und die anderen waren einfach besser“).
Agieren statt reagieren
Viele eSailor der Community kennen sich nicht nur von virtuellen sondern auch von realen Regatten. Jonathan Koch segelt für den BYCÜ in der Segel-Bundesliga, Lukas Feuerherdt für die Blankeneser, Johannes Bahnsen für den Hamburger Segel-Club. Und alle sind sich einig: Wer auf echtem Wasser segeln kann, bringt viel Erfahrung mit für die Rennen am PC, auf dem Tablet oder Handy.
Doch auch umgekehrt gibt es Synergien. eSailing sei Taktik und Strategieschulung par excellence, sagt Lukas Feuerherdt. Und für Johannes Bahnsen präsentiert sich die Faszination des eSailing auch im veränderten Blickwinkel auf das Regattafeld: „Beim eSailing kannst du von oben schauen, siehst, wie sich das Feld bei Winddrehern insgesamt verschiebt.“ Daraus hat der Deutsche eSailing-Meister jede Menge gelernt für das Segeln auf echtem Wasser: „Ich kann inzwischen besser antizipieren, was passiert und entsprechend vorausschauend agieren.“
Hier geht es zum Gesamtranking der Deutschen eSailing Meisterschaft Inshore 2023