Europameisterschaft, Junioren-WM, Internationale Schwedische Meisterschaft: Die Saison 2022/2023 der Eisseglerinnen und Eissegler geht zu Ende. Trotz deutscher EM-Erfolge fällt der Rückblick auf den Winter mit nur wenigen Tagen Eis in Deutschland und langen Anreisen zu den Seen in Nordeuropa nachdenklich aus.
Eissegeln ist schnell. Eissegeln ist faszinierend. Und theoretisch auch ganz einfach zu bewerkstelligen: den DN-Schlitten aufs Dach schnallen, zum See fahren und dann mit bis 80 Stundenkilometern übers blanke Eis flitzen.
Doch die Situation für die Eissegel-Gemeinschaft wird immer schwieriger. Der Klimawandel macht es dieser Sportart besonders schwer. „Die Wetterbedingungen spielen gegen uns“, muss auch Bernd Zeiger, Landessekretär der Deutschen DN Eisflotte, deprimiert feststellen. Zu selten gibt es in Deutschland, Polen und Skandinavien tragfähiges und sicheres Eis. Die Reise zu Trainings und Regatten wird immer aufwändiger und kostspieliger.
Trotzdem gibt es in Deutschland noch eine, wenn auch kleine Gruppe von enthusiastischen Eissegelnden, die sich immer wieder auf den Weg machen zu internationalen Titelkämpfen – mal mit dem Flugzeug nach Nordamerika zu den Weltmeisterschaften am Lake Kegonsa in Wisconsin (Bernd Zeiger 14., Jost Kolb 17., Jörg Bohn 36.), mal mit dem eigenen PKW nach Nordeuropa. Da kommen bei Hin- und Rückreise schnell mehr als 3.000 Kilometer zusammen.
Die erfolgreichsten Aktiven in Deutschland leben an der Ostsee in Schwedeneck bei Kiel. Anja Fiedler erreichte bei der Europameisterschaft auf dem Kertuojai-See in Litauen Platz acht in der gemeinsamen Wertung von Frauen und Männern, ist damit beste Deutsche und beste Frau Europas. Holger Petzke, ebenfalls aus Schwedeneck, wurde Siebzehnter, Bernd Zeiger (Kiel) 31. In der Silber-Fleet schaffte Jost Kolb (Peine) Platz sieben, Knut Peters (Berlin) schob sich in der Bronze-Fleet auf Rang 15.
Anja Fiedler und Holger Petzke fuhren eine Woche nach der EM erneut in den Norden. Holger Petzke belegte bei der Internationalen Schwedischen Meisterschaft Platz vier, Anja Fiedler, im Sommer als erfolgreiche Europe-Seglerin auf dem Wasser unterwegs, schaffte Rang sieben. Die beiden freuen sich riesig über ihre Erfolge, und „wir genießen jedes Rennen, jeden Tag auf dem Eis, in der Natur und mit dieser eingeschworenen Eissegel-Gemeinschaft aus allen Ländern“, sagt Holger Petzke.
Doch das Paar sieht auch die Problematik für diesen rasanten Sport im Winter. Waren in den vergangenen Jahren noch mehr als 200 Eissegelnde bei der EM am Start, so hatten diesmal nur knapp 100 gemeldet. Zu selten passen inzwischen die Wetterbedingungen, zu weit sind die Anreisen in Europa zu einem Gewässer, das stabiles Eis mit möglichst wenig Schnee und möglichst viel Wind bietet. Selbst im bisher eissicheren Polen wurde in den vergangenen drei Jahren nur noch selten Eis gemeldet.
Kein Eis, kein Nachwuchs
Und schlechte Bedingungen bedeuten auch: kein Nachwuchs. In Deutschland gab es zwei, drei Tage im Dezember 2022 gutes Eis am Dümmer und am Steinhuder Meer. Sofort holten Eisseglerinnen und -segler ihre Schlitten aus Kellern und Garagen, viele interessierte Zuschauer kamen ans Ufer, stiegen auch mal auf das DN-Gefährt. Doch die klirrende Kälte blieb in Deutschland die Ausnahme.
„Eltern müssten ihre Kinder also zu weit entfernten Zielen begleiten – das kann und will niemand leisten“, sagt Bernd Zeiger. Und so waren bei den Junioren-Weltmeisterschaften in Schweden auch keine Deutschen dabei. Die vorderen Ränge belegten Eisseglerinnen und Eissegler aus Schweden und Estland – Länder, in denen (zurzeit) die Seen noch zufrieren.
Auch Holger Petzke zeigt sich wenig optimistisch: „Ich bin Bootsbauer und würde gerne auch im Verein mit Kindern und Jugendlichen Schlitten bauen, meine Segelerfahrungen weitergeben“, sagt er. Doch ohne Eis geht nichts, und „wir müssen realistisch bleiben: Diese Abwärtsentwicklung ist vorerst nicht aufzuhalten, denn das Wetter wird sich so schnell nicht ändern.“
Weitere Saison-Ergebnisse finden Sie auf der Seite der Europäischen Klassenvereinigung unter www.idniyra.eu