Wie in der Vergangenheit hat World Sailing die Wettfahrtregeln Segeln nach den olympischen Segelwettbewerben zu Beginn des Jahres geändert. Grundlage dieser Änderungen sind Anträge von nationalen Seglerverbänden, internationalen Klassenvereinigungen oder von World Sailing Komitees. Etwa 300 Anträge auf Änderungen in den Wettfahrtregeln wurden in den Jahren 2013 bis 2016 durch das Racing Rules Committee von World Sailing behandelt. Einige wurden verworfen, viele aber auch in etwas geändertem Text angenommen. So sind am neuen Regelbuch an insgesamt 285 Stellen Änderungen im englischen Originaltext vorgenommen worden. Auf der World Sailing Webseitefinden Sie die “study version” zu den Wettfahrtregeln 2017-2020, dort sind alle Änderungen gekennzeichnet und zu den zugehörigen Submissions verlinkt. Besonders Interessierte lesen dort auch die Begründungen für diese Änderungen. Die deutsche Übersetzung wurde von einem deutsch-österreichisch-schweizerischen Team von internationalen Schiedsrichtern aktualisiert. Oft gab es ein intensives Ringen um verschiedene Begrifflichkeiten, um alle Änderungen eindeutig zu übersetzen. Wie die Änderungen im Deutschen aussehen, finden Sie auf der Webseite des DSV in einer PDF-Datei farblich markiert.
Viele der Änderungen sind Lösungen von Regelunklarheiten, die sich aus ganz speziellen Situationen ergeben, wie folgendes Beispiel zeigt.
In nebenstehender Situation galt bisher, dass die äußeren Boote (Grün, Rot) den inneren Booten (Grün, Blau) nach Regel 18.2 Bahnmarken-Raum geben und andererseits die inneren Boote sich nach Regel 11 „Lee vor Luv“ freihalten müssen. Dabei hatte Regel 18.2 in bestimmten Grenzen Vorrang vor Regel 11. Zusätzlich galt, von kaum einem beachtet, dass „Rot“ als Hindernis für „Grün“ und „Blau“ galt und „Blau“ wegen Regel 19.2 für „Grün“ den Raum zwischen sich und „Rot“ geben musste. Ein Widerspruch. Die neue Regel 19.1 (b) behebt diesen Widerspruch und sagt, dass bei Gültigkeit von Regel 18 zwischen 2 Booten, ein drittes überlappendes Boot nicht (mehr) als Hindernis gilt.
Neben vielen solcher Nachbesserungen sind aber folgende Änderungen in den Wettfahrtregeln von größerer Tragweite:
Zum einen werden durch eine neue Fassung der Regel 3 „Anerkennung der Regeln“ Trainer, Eltern und andere unterstützende Personen in das Regelwerk eingebunden. Dadurch ergeben sich für den Veranstalter Möglichkeiten bei Regelverstößen aus diesem Personenkreis nach klaren Regeln vorzugehen. Zusätzlich wurde die Regel 69 „Fehlverhalten“ total überarbeitet und damit Verfahren nach dieser Regel an die bei Disziplinarverfahren im internationalen Sport üblichen Standards angeglichen. Auch der Verbandsgerichtsbarkeit wurden an dieser Stelle durch die World-Sailing-Verordnung 35 enge Bandagen angelegt.
Für kleinere Regatten wohl weniger auffallend ist die Erweiterung der Kompetenz der Veranstaltungsvermesser oder Ausrüstungskontrolleure, die nun unter dem Namen Technisches Komitee selbst gegen Boote protestieren können.
Für kleinere Veranstalter eine echte Hilfe sollte der neue Anhang S „Standardsegelanweisung“ sein, der diesen Veranstaltern den Ausdruck längerer Segelanweisungen ersparen kann und hoffentlich zur Abschaffung von schwer lesbaren Eigenprodukten von Segelanweisungen führt.
Interessant ist sicher auch der neue Anhang T „Schlichtung“, der sehr sauber formuliert ist und bei richtiger Anwendung den Veranstaltern eine echte Hilfe sein kann.
Ulrich Finckh, Obmann des Wettsegelausschusses