Rio de Janeiro, 13. August 2016. Freud und Leid lagen in am Samstag in der Marina da Gloria ganz nah beisammen. Während sich Laser-Ass Philipp Buhl als Vierzehnter „megaenttäuscht“ schon vor dem Medaillenrennen von der Olympia-Regatta verabschieden musste, rockten Erik Heil und Thomas Plößel die Rio-Regatta mit einer erneut starken Gesamtleistung.
Nach zwei Tagen und sechs Rennen könnte die Zwischenbilanz der Berliner Skiff-Crew kaum positiver ausfallen. Mit nur drei Punkten Rückstand auf die neuseeländischen Weltmeister und Top-Favoriten Peter Burling und Blair Tuke liegt die Crew vom Norddeutschen Regatta Verein auf Platz zwei. Auf die Frage nach den starken deutschen Gegnern sagte Peter Burling: „Sie haben im vergangenen Jahr Bronze bei der Testregatta gewonnen. Wir haben sie natürlich als Konkurrenten auf dem Zettel. Ihre Ergebnisse überraschen uns nicht.“ Wie eindrucksvoll die Leistung der Berliner zur Halbzeit ist, lässt sich an den 15.8 Punkten Vorsprung vor den Polen Lukasz Przybytek und Pawel Kolodzinski fast noch besser ermessen. Die Polen waren nach einem Protest über Nacht auf Platz drei vorgerückt.
„Wir haben die richtige Strategie für das Revier wohl etwas schneller gefunden als einige Gegner“, erklärte Steuermann Erik Heil den so gelungenen Auftakt für sein Team. Beide deutschen Segler berichteten aber auch, wie anspruchsvoll das Segeln am Samstag in der Guanabara-Bucht war. „Wir freuen uns auf den Ruhetag, der passt uns gerade gut“, sagte Thomas Plößel mit einem Lächeln.
Im weiblichen 49er-Pendent 49erFX, der in Rio olympische Premiere feiert, erholten sich Victoria Jurczok und Anika Lorenz vom Frühstart am Vortag und rückten mit den guten wie konstanten Rängen acht, sieben, sechs und sieben auf Platz acht vor. Ihre entspannten Mienen am Abend im Olympiahafen bezeugten, dass die beiden Berlinerinnen nun ihren Rhythmus gefunden und auf Angriffsmodus umgeschaltet haben. „Wir waren nach dem Frühstart heute schon noch ein bisschen vorsichtig, denn noch so ein dickes Ding können wir uns natürlich nicht leisten“, sagte Steuerfrau Jurczok. Das Konzept der Crew vom Verein Seglerhaus am Wannsee für die Fortsetzung ihrer Regatta nach dem Ruhetag am Montag ist klar: „Wir wollen an jedem Wettfahrttag reinhauen.“
Ein Sprung vorwärts im Klassement machte auch die jüngste Crew der deutschen Segel-Nationalmannschaft, die gleichzeitig die Jüngsten im Feld der neuen olympischen Mixed-Katamaran-Klasse Nacra 17 ist. Paul Kohlhoff und Carolina Werner verbesserten sich auf Platz neun. Das Team vom Kieler Yacht-Club konnte den erfolgreichen Tag sogar mit einem zweiten Rang abschließen und man sah dem 21-jährigen Steuermann und seiner 22-jährigen Vorschoterin die Freude darüber am Strand von Flamengo an. Dort hatten über den Tag Tausende Besucher die Segler auf dem landnahen Kurs „Paõ de Açucar“ beobachtet und angefeuert. Für Olympia-Fans in Rio de Janeiro ist dieser Strand zwischen Palmen und dem Hauptquartier der Surfer und Nacra-17-Segler eine der schönsten Naturarenen, die es sich zu besuchen lohnt. Hier werden ab Sonntag nicht nur die Medaillenrennen, sondern auch die Medaillenzeremonien stattfinden.
Am insgesamt so positiven Tag für das Sailing Team Germany war nur einer richtig traurig: Philipp Buhl musste sich als Gesamt-Vierzehnter der Laser-Flotte schon vor dem Medaillenfinale am Montag verabschieden. Der Vize-Weltmeister kam in der Guanabara-Bucht nie so in Fahrt, wie er es sich erhofft hatte. Darüber war der 26-Jährige vom Segelclub selbst am meisten enttäuscht. Er suchte dafür keine Ausflüchte, sondern ging mit sich selbst hart ins Gericht: „Ich bin der Schuldige.“ Als Weltranglisten-Erster mit großen Hoffnungen in seiner Olympia-Premiere gestartet, konnte Buhl nicht leisten, was er von sich selber verlangte. Der Aktivensprecher der Segel-Nationalmannschaft konnte die Trendwende im ungeliebten Olympia-Revier bis zum Schluss nicht herbeiführen, obwohl er so darum gerungen hat: „Ich dachte, ich kann meine Schwäche in diesem Revier bei Olympia besiegen, den Trend kippen, doch es ist mir einfach nicht gelungen.“
Buhls Trainer Thomas Piesker sagte: „Philipp hat sich das Segeln in den letzten zwei, drei Jahren ohne große Erfolge hier in Rio zu sehr zu Herzen genommen. Die Ehe Buhl/Rio hat trotz aller Anstrengungen nie so richtig funktioniert. Aber Philipp hat nie aufgehört zu kämpfen. Er ist für mich immer noch ein großartiger Athlet. Wenn der sein Potenzial ausschöpft, kann er alles gewinnen und sogar die Laserklasse dominieren. Er ist immer noch einer der talentertesten deutschen Segler der letzten zwei, drei Dekaden, der sich vielleicht gerade deshalb manchmal ein bisschen selbst im Weg steht. Aber er wird seine Titel noch gewinnen.“