In einer bisher einmaligen Aktion haben die maritimen Spitzenverbände aus Sport, Tourismus und Wirtschaft am 12. September den Abgeordneten der Bundestagsausschüsse für Sport, Tourismus und Verkehr ihre gemeinsame Position zu dem von der Bundesregierung angekündigten Wassertourismuskonzept erläutert. Auch der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) Alfons Hörmann brachte es auf den Punkt: „Aus dem Erhalt und Ausbau des derzeitigen Wasserstraßennetzes darf sich der Bund nicht zurückziehen.“
Hintergrund ist das Vorhaben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI), zukünftig nur noch in Wasserstraßen zu investieren, die für die Güterschifffahrt von Bedeutung sind. Alle übrigen Wasserstraßen, immerhin mehr als ein Drittel des insgesamt rund 7.300 Kilometer umfassenden Streckennetzes, wurden vom BMVI zu „Sonstigen Wasserstraßen“ herabgestuft. Das vom BMVI vorzubereitende Wassertourismuskonzept soll unter anderem die Frage beantworten, wie diese Strecken für die Sport- und Freizeitschifffahrt erhalten werden können.
Die vom BMVI in Auftrag gegebenen Studien und seine bisherigen Äußerungen legen jedoch die Vermutung nahe, dass sich der Bund perspektivisch durch Entwidmung der als „Sonstige Wasserstraßen“ ausgewiesenen Wasserstraßen entledigen möchte, indem er sie an die Länder oder an alternative Betreiberorganisationen abgibt.
Diese Entwicklung lehnen die Verbände mit Nachdruck ab und fordern, dass das vorhandene Bundeswasserstraßennetz in Gänze erhalten bleiben muss. Ein Rückzug des Bundes aus der Finanzierung und eine Regionalisierung wichtiger Wasserstraßen würde nach Auffassung der Verbände auf Dauer zu einem Verfall der Wasserstraßen führen und damit die Entwicklung des Wassertourismus in Deutschland nachhaltig schädigen. Ländliche und strukturschwache Räume wären, so das Vorstandsmitglied des Deutschen Tourismusverbandes (DTV) Dieter Hütte besonders betroffen: „Die Länder haben den Ausbau wassertouristischer Infrastruktur, Aktivitäten und Angebote gerade in diesen Bereichen gezielt gefördert. Das darf nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden. Um es einmal auf den Punkt zu bringen: Die Stilllegung einer einzigen Schleuse reicht aus, um ein ganzes Wassersportgebiet für Kanu- oder Sportbootfahrer unzugänglich zu machen.“
Für den Fall, dass eine organisatorische Ausgliederung vieler Gewässer aus der Verwaltung des BMVI unumgänglich ist, fordern die Verbände, dass statt eines regionalen Flickenteppichs unterschiedlicher Betreibermodelle eine bundeseinheitliche Trägerschaft für diese Gewässer gefunden wird. Dabei muss gewährleistet bleiben, dass der Bund als Eigentümer von Land- und Wasserflächen sowie als Garant für eine durchgängige Befahrbarkeit und Widmung des Gesamtsystems maßgeblicher Mitträger bleibt. Zudem legen die Verbände Wert auf eine institutionelle Einbindung aller Interessengruppen.
Sollte es zu einer Lösung in diesem Sinne kommen, böten sich, so Torsten Staffeldt, Aufsichtsrat des Bundesverbandes Wassersportwirtschaft (BVWW) durchaus auch zusätzliche Chancen: „Durch die Einbindung aller Interessengruppen und die Möglichkeit, zusätzliche EU-Mittel einzuwerben, könnte der Handlungsspielraum deutlich erweitert werden.“
(Berlin, 12. September 2014)
Das gemeinsame Positionspapier der Verbände finden Sie hier