(Hamburg, 22.8.2011) Der Deutsche Segler-Verband (DSV) begrüßt die Initiative der Bundesregierung, die Rahmenbedingungen für den Wassersport und den Wassersporttourismus in Deutschland zu verbessern. Damit kann das Engagement der Wassersportspitzenverbände, mehr Menschen für den Wassersport zu gewinnen, nachhaltig unterstützt werden.
Für die Förderung des Wassersports wäre es jedoch absolut kontraproduktiv, eine Maut für Bootsfahrer einzuführen.
Wassersport in Deutschland – ohne Maut
Deutschland ist ein Land des Wassersports. Das muss sich in tatsächlicher Wassersportpolitik widerspiegeln. Bund und Länder sollten keine neuen Abgaben für den Wassersport einführen, sondern gemeinsam mit Verbänden und Medien für das Wassersportland Deutschland werben.
Der Deutsche Segler-Verband trägt mit seiner Kampagne „Deutschland – Land des Wassersports“ seit Jahren dazu bei. Er sorgt außerdem zusammen mit dem Deutschen Motoryachtverband dafür, dass in- und ausländische Bootsfahrer nicht an jeder Schleuse Gebühren entrichten müssen, indem er diese pauschal für alle Wassersportler und Wassertouristen bezahlt.
Für ein freizügiges Europa
Was wäre das für ein Europa, wenn – wie im Mittelalter – bei jedem Grenzübertritt „Wegezoll“ gezahlt werden müsste? Wohin soll das führen, wenn der Bund anfängt, für seine Infrastruktur Maut zu erheben? Werden dann auch die Bundesländer und die Kommunen irgendwann Maut für ihre Verkehrswege verlangen?
Deutschland muss nicht die Fehler anderer europäischer Länder wiederholen. Die Mautfreiheit sollte im Gegenteil als Wettbewerbsvorteil des Standorts Deutschland im Sport-, Tourismus- und Standortmarketing eingesetzt werden. Mehr Gäste und mehr Deutsche, die in Deutschland Urlaub machen, bringen auch mehr Einkommen, Umsatz und Steuern ins Land. Das generiert Mehrumsätze im Tourismussektor, in der maritimen Wirtschaft, in Gastronomie und Beherbergungsgewerbe. Das Mehraufkommen an Umsatz-, Einkommen-, Gewerbe-, Mineralöl- und sonstigen Steuern trägt zu Haushalt und zur Infrastruktur bei.
Maritime Freizeitqualität ist im Übrigen ein Premium-Standortfaktor für unser Land. Menschen wollen da arbeiten, wo es sich auch gut leben lässt. Junge innovative Unternehmen, die auf hochqualifizierte Mitarbeiter angewiesen sind, siedeln sich in attraktiver Umgebung – oft am Wasser – an. Deshalb sollte die Bundesregierung das hervorragende Netzwerk der Flüsse, Seen und Kanäle auch für Wassersport und Freizeitaktivitäten erhalten und nicht nur als Verkehrsträger der Güterschifffahrt.
Sicherheit und Freiheit gehören zusammen
Deutsche Bundeswasserstraßen sind heute vergleichsweise sicher. Das liegt nicht nur am guten Ausbau, der guten Kennzeichnung und der Betreuung durch eine kompetente Wasser- und Schifffahrtsverwaltung. Auch die Befähigung der Schiffsführer in der Berufs-, Sport- und Freizeitschifffahrt trägt nach Überzeugung des Deutschen Segler-Verbandes maßgeblich dazu bei. Unter Hinweis auf die Kompetenz der Sportbootfahrer ist es in den letzten Jahren gelungen, viele Reglementierungen vom Wassersport abzuwenden.
Die Verkehrsteilnehmer auf deutschen Bundeswasserstraßen können untereinander darauf vertrauen, dass sie die notwendige Befähigung zum Führen ihrer jeweiligen Fahrzeuge besitzen. Dies ist ein wichtiger Baustein für ein modernes Verkehrsmanagement. Nur wenn Verkehrsteilnehmer untereinander wissen, nach welchen Regeln und nautischen Bedingungen sie manövrieren (können), ist ein gefahrloses Nebeneinander gewährleistet. Anders als im Straßenverkehr geht es dabei vielfach auch um solche Gefahren, die nicht ohne weiteres erkennbar sind (wie z.B. Untiefen), oder vorausschauendes Planen und Handeln nach den Regeln guter Seemannschaft erfordern.
Nach Überzeugung des Deutschen Segler-Verbandes ist es daher auch in Zukunft notwendig und sinnvoll, auf die Kompetenz der einzelnen Sportbootfahrer zu setzen. Sie bietet mittel- und langfristig die größten Chancen für einen freiheitlichen und freizügigen Wassersport, den wir anstreben. Schiffsführer sollten auch in Zukunft selbst und eigenverantwortlich einschätzen können, ob und wann sie mit einer Yacht oder einem Motorboot auslaufen, wie sie sich in Tiden- und Stromgewässern verhalten, welche Verkehrszeichen und Signale sie zu beachten haben und welche Sicherheitsmaßnahmen an Bord zu treffen sind, um Seegang und schweres Wetter zu bewältigen. Ein verantwortlicher Schiffsführer muss selbst und eigenständig handeln und entscheiden können, wenn es Probleme ab Bord gibt oder wenn andere Fahrzeuge in Not geraten. Wetterkunde, Navigation und praktische Seemannschaft gehören ebenso dazu, wie die sichere Beherrschung wichtiger Manöver.
Die umfassende Verantwortung des Schiffsführers für sein Fahrzeug ist nicht teilbar. Nehmen alle Verkehrsteilnehmer diese Verantwortung wahr, bedarf es weniger verkehrslenkender Eingriffe.
Deshalb geht der Deutsche Segler-Verband davon aus, dass es auch in Zukunft erforderlich sein wird, dass Sportbootfahrer ihre Befähigung zum Führen von Sportbooten nachweisen.
Zu den Forderungen der Verkehrsarbeitskreise der CDU/CSU- Bundestagsfraktion und der FDP-Bundestagsfraktion im Einzelnen
Die Umstellung der Führerscheinpflicht von „Motorleistung“ auf „Bootslänge“ oder „Höchstgeschwindigkeit“ bietet nach Einschätzung des DSV keine nennenswerten Vorteile. Im Gegenteil. Alle Erkenntnisse aus der Unfallforschung deuten darauf hin, dass die Unfallschwerpunkte nicht bei den besonders langen und besonders schnellen Booten liegen.
Bei der von den Verkehrsarbeitskreisen geforderten „Reduzierung der Ausbildungsverpflichtung“ scheint eine Falschinformation zugrunde zu liegen. Es gibt in Deutschland keine Ausbildungsverpflichtung. Nach geltender Rechtslage kann jeder Bewerber selbst und eigenverantwortlich entscheiden, wie und wo er sich das erforderliche Wissen und die erforderlichen praktischen Fähigkeiten für den Sportbootführerschein aneignet. Er entscheidet auch selbst und eigenverantwortlich, ob er sich darüber hinaus weiter ausbilden und eine freiwillige höhere Qualifikation erwerben möchte. Der DSV spricht sich dafür aus, dass dies so bleibt.
Die Forderung nach einer Umgewichtung von Theorie und Praxis zugunsten der praktischen Prüfung der Führerscheinbewerber und einer Reduzierung der Zahl der Fragen des Fragenkatalogs ist im Reformpaket der Bundesregierung berücksichtigt.
Das Funken ist Teil der nautischen Qualifikation eines Schiffsführers. Ist eine Funkanlage an Bord, muss er als verantwortlicher Entscheidungsträger wissen, welches Funkverfahren anzuwenden ist. Seegehende Yachten, also auch Charteryachten, sollten nach Empfehlung des DSV eine Funkanlage an Bord haben. Die Möglichkeit zur Teilnahme am Seefunkverkehr, um z.B. Hilfe zu holen oder anderen helfen zu können, gehört zur guten Seemannschaft. Ob eine Ausrüstungspflicht für Charteryachten auch weiterhin gesetzlich geregelt werden muss, ist letztendlich einer Frage, inwieweit der Gesetzgeber den Vermietungsunternehmen vertraut.
Die Frage, ob anderweitige – z.B. berufliche – Funkzeugnisse in der Sportschifffahrt anerkannt werden können, ist vom zuständigen Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) geprüft. Es gibt dazu Anweisungen des BMVBS. Das Ministerium gleicht in solchen Fällen ab, welche Komponenten von einem anderweitigen Funkzeugnis abgedeckt sind und entscheidet nach dem Ergebnis dieses Abgleichs, ob das Funkzeugnis anerkannt wird oder nicht.
Gewerbliche Ausbildungsstätten bedürfen in Deutschland keiner staatlichen Zulassung. Der Deutsche Segler-Verband vergibt an gewerbliche Segelschulen das Prädikat der DSV-Anerkennung, wenn die Qualitätsanforderungen erfüllt sind. Diese sind im Internet unter www.dsv.org veröffentlicht.
Die Ausrüstungsstandards für Charteryachten sollten sich sowohl an der Größe des betreffenden Fahrzeugs als auch an seinem Fahrtgebiet orientieren. Eine Yacht, die zehn Personen an Bord hat, sollte z.B. auch eine Rettungsinsel für zehn Personen haben.
Die Zusammenführung der Rechtsgrundlagen für die Sportschifffahrt sollte, wie vom Deutschen Verkehrsgerichtstag empfohlen, weiter verfolgt werden.
Die Entwicklung des Wassersports und des Wassertourismus in Deutschland hängt neben diesen rechtlichen Rahmenbedingungen entscheidend davon ab, dass Flüsse, Seen und Kanäle auch weiterhin für die Sportschifffahrt erhalten werden und gemeinnützige Vereine, die mit ihren Sportboothäfen den größten Teil der Infrastruktur für den ruhenden Verkehr bereitstellen, angemessene Pachtkonditionen erhalten.