Nach vier Jahren Rechtsstreit hat das Amtsgericht Potsdam die erste von mehreren Klagen der Bundesrepublik Deutschland auf Erhöhung von Steg- bzw. Gewässerpachten abgewiesen. In der achtzehnseitigen Urteilsbegründung heißt es unter anderem:
– Die Regelung in § 5, Abs. 4 des verwendeten (einheitlichen) Pachtvertrages für die Erhöhung der Pachtpreise ist „…bereits wegen Verstoßes gegen § 307, Abs. 1, Satz 1 BGB unwirksam“, weil es sich bei der vertraglichen Regelung um „allgemeine Geschäftsbedingungen handelt“, die „nicht hinreichend klar beschrieben sind und die Regelung aus diesem Grunde dem Transparenzgebot nicht genügt.“
– „Wegen des Fehlens eines funktionierenden Marktes stellt die „Ortsüblichkeit“ des zu entrichtenden Nutzungsentgeltes mithin kein geeignetes Kriterium zur Erhöhung bzw. Anpassung des Nutzungsentgeltes dar.“
– Hinsichtlich der zugrunde gelegten Verwaltungsvorschriften der klagenden Bundesrepublik Deutschland heißt es:
„Da es sich bei diesen Verwaltungsvorschriften um interne Regelungen der Klägerin handelt, sind diese für den Beklagten angesichts der privatrechtlichen Ausgestaltung der Nutzungsverhältnisse nicht bindend.“ „Die in den Verwaltungsvorschriften geregelten Tarife stellen vielmehr eine einseitige Bestimmung der Leistung durch die Klägerin dar, die der Inhaltskontrolle gemäß § 315 BGB unterliegt”. …. „Sie ist nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht.“ „Für die Frage, ob dies der Fall ist, kommt es darauf an, ob die objektiven Interessen beider Vertragspartner ausreichend Berücksichtigung gefunden haben und gegeneinander abgewogen sind. Dies ist vorliegend nicht – jedenfalls nicht in erkennbarere Weise – geschehen“.– “Allerdings ist unter wirtschaftlicher Betrachtungsweise die Attraktivität bzw. Lage nicht das einzige Kriterium für den Betreiber eines Hafens. Vielmehr ist für die Wirtschaftlichkeit eines Betriebes ebenso von maßgeblicher Bedeutung die Qualität des Pachtgegenstandes, insbesondere die Frage, in welchem Umfang auf Grund der Beschaffenheit des Grundes Investitionen zur Herstellung und Unterhaltung der Steganlagen und Liegeplätze erforderlich sind. Hierfür entscheidend sind unter anderem die Strömungsverhältnisse und die Wassertiefe, da hiervon maßgeblich die Beanspruchung der Steganlage und die Höhe der Investitionen bzw. Unterhaltungskosten abhängig sind”.
– „Unabhängig davon ist die keine Ermessensspielräume zulassende Eingruppierung in Revierklassen für die Nutzer, deren Flächen sich im Randbereich der Reviere befinden, nachteilig.“ Soweit nämlich zu entnehmen ist, dass bei der Festsetzung der Entgelte bzw. der Klassifizierung der Reviere maßgeblich auf die Preise der an die Wasser angrenzenden Landfläche abgestellt wird, führt die vorgenommene Reviereinteilung erkennbar zu einer deutlichen Ungleichbehandlung der Nutzer. Denn es ist allgemein bekannt und bedarf keiner gesonderten Feststellung durch einen Sachverständigen, dass die Preise der Landflächen in Alt-Töplitz nicht ansatzweise vergleichbar sind mit den Preisen, die für an Wasserflächen angrenzenden Landflächen im Potsdamer Stadtbezirk oder in Berlin, insbesondere in den Uferlagen am kleinen- und großen Wannsee oder am Müggelsee zu entrichten sind. Es entspricht aber nicht billigem Ermessen, wenn Pächter in einer Revierklasse und damit in einer Tarifstufe vereint sind, obwohl sie – gerade bezogen auf das für die Preisbildung maßgebliche Kriterium – völlig verschiedene Voraussetzungen aufweisen.“
– „Die wirtschaftlichen Interessen des Nutzers werden durch die Verwaltungsvorschriften der Klägerin auch insoweit außer Acht gelassen, als die „Differenzierung zwischen bebauten und unbebauten Flächen entfallen ist…“. Ein sachlicher Grund für die Änderung der Bewertung der Nebenflächen ist nicht ersichtlich, wird auch durch die Klägerin nicht dargetan“ Bei der differenzierten Berechnung … „erscheint die einseitige Abstandnahme von der Berechnung ohne Angabe sachlicher Gründe willkürlich und entspricht damit nicht billigem Ermessen im Sinne § 315 BGB.“
“Die vorgesehene Erhöhung wirkt zudem beliebig, denn mit der Einführung der VV-WSV 2604 im Jahre 2004 wurden für die gute Lage zunächst 3,50 € je m² (mit Einführung einer Kappungsgrenze von 30%) festgesetzt, die durch die VV-WSV 2604, Version 2006.1 auf 2,20 € und schließlich mit Verfügung vom 23.08.2006 wieder auf das Niveau vom 11.02.1997 in Höhe von 1,53 € je m² zurückgeführt wurde. Welche Kriterien hierfür jeweils maßgeblich waren, ist nicht nachzuvollziehen.“
Anmerkung:
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Deutsche Segler-Verband geht jedoch davon aus, dass die Rechtsfragen in einer etwaigen Berufung nicht anders beurteilt würden. (Hamburg, 8. September 2009)